Vom ROTKOGEL zum ROTHKEGEL?

Einführung in die Namenkunde
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Hendrik_Kutzke
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Vom ROTKOGEL zum ROTHKEGEL?

Beitrag von Hendrik_Kutzke »

Dieser Beitrag, verfasst von Hendrik Kutzke am 09.03.2006, 06:53 Uhr, wurde aus den ehemaligen News-Artikeln ins Forum übernommen.

Einleitung

In Bezug zu der Anfrage zum Familiennamen ROTHGANGEL möchte ich an dieser Stelle auf den interessanten Beitrag von Herrn Gerhard Rothkegel aufmerksam machen, der dazu auch gleich eine passende Überschrift
"Vom ROTKOGEL zum ROTHKEGEL?" liefert.

Hendrik Kutzke


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Vom Rotkogel zum Rothkegel?
von Gerhard Rothkegel

Die folgenden Erkenntnisse über die Herkunft des Namen Rothkegel, habe ich
aus einer Fragebogenaktion die ich vor einigen Monaten im Rahmen meiner
Ahnenforschung gestartet habe, entnommen. Besonders bedanken mochte ich mich in diesem Zusammenhang bei Frau Elisabeth Rothkegel Jahrgang 1899 aus
Berlin, die schon vor 1945 sich mit der Herkunft des Namen Rothkegel
beschäftigt hat und mir ihre Erkenntnisse zur Verfügung gestellt hat:

Der Rothkogel bei Hotzenplotz. Von diesem zwar nur 285 m hohen Berg, dessen
Namensschreibung offenbar die gleichen Änderung durchlaufen hat wie unser
Familienname, leiten wir unseren Namen ab. Wie in den ätesten Urkunden
unser Familienname "Rothkogel" lautete und dann zu "Rothkegel" wurde, so
heißt dieser kleine geologisch - siedlungsgeschichtlich aber wohl bedeutende Berg, bald "Rothkogel", bald "Rothkegel" auf den Landkarten.

Unser Familienname ist ein Herkunftsname, wie z.B. auch der im Leobschützer Kreis auftretende Familienname "Jauernik", (Jauernik, Österreich Schlesien*,
Neisser Bistumsland; Schloss Johannesberg bei Jauernik war bis zuletzt Schloss der Breslauer Bischöfe, deren letzter deutscher Bischof , Kardinal Bertram, am 21. Januar 1945 Breslau verlassen musste und auf Schloss Johannesburg zum Vater heimging; er ruht auf dem Friedhof in Jauernik.) und wie auch der Familienname des großen Astronomen Nikolaus Kopernikus die latinisierte Form Copernikus des Namen seiner Vorvater Koppernig, Koppernick - der vom schlesischen Dorf Koppernik (etwa 10 km s.w. von Neisse - auch im Neisser Bistumsland wie Kasimir, Patsckau und Jauernik! - abgeleitet ist.

Die Familiennamen waren damals noch nicht fest, sondern erst im Werden.
Familiennamen kamen erst auf, als der Rufname zur Kennzeichnung einer Person als ungenügend empfunden wurde. Die Sitte, feste Familiennamen zu bilden, wanderten von Westen nach Osten, wobei der Osten etwa 1 Jahrhundert zurück lag.

Die Kasimirer Rothkegel . Die Heimat der Rothkegel scheint das Dorf Kasimir
(nur einige Km. von Dt. Rasselwitz O/S entfernt ) im Krs. Leobschütz zu sein. Die (...) Familientafeln zeigen alle als ältesten Vorfahren einen gebürtigen Kasimirer auf. In Kasimir wimmelt es geradezu von Rothkegels, und man kann schließen, dass dort, in Kasimir, die Stammvater unserer Namensvettern ihren erblichen Familiennamen bekamen. Die beigefügten Exzerpte aus den "drei ältesten Lagerbüchern" lassen diesen Schluss zu.
Jedoch lässt nicht jeder Herkunftsname auf die ursprüngliche Heimat des
Namensträger schließen, sondern gibt nur den Ort an, in dem er sich zuletzt aufgehalten hat, von wo aus er den neuen Wohnort erreicht hat - kann also eine Art Zwischenstation bezeichnen.(So: Fleischer "Die Deutschen Personennamen")
Es durfte sich bei den späteren Rothkegel in Kasimir um Zuwanderer vom
"Rothkogel" bei Hotzenplotz handeln, die sogar nicht miteinander verwandt
waren. Die neuen Siedler kamen in jener frühen Zeit ja doch nur mit ihren
Taufnamen. (Meines Vaters Vorfahre trug wohl den Namen Johann-Georg; denn
unsere Rothkegel in Kasimir hatten den Hofnamen "Hans-Jürgen".) Man kann
annehmen, dass mehrere, mindestens 2 Neusiedler vom Rothkogel nach Kasimir
gekommen sind und deren Nachkommen im Dorf geblieben sind, später den
gleichen Familiennamen, den Herkunftsnamen, Rothkegel, bekamen, aber nicht
miteinander verwandt waren. - Die mündliche Überlieferung hat da die
richtigen Verwandtschaftsverhältnisse treu verwahrt.
- Mein Vater – Aloys Rothkegel - der selbst noch in Kasimir geboren und dort aufgewachsen ist, dessen ältester Bruder Robert der Hoferbe war - Mein Vater, ein "weichender Erbe", wurde Lehrer - wusste noch sehr genau, welche Familien Rothkegel in Kasimir zu seinen Verwandten gehörten und welche nicht. Er hat mir einmal zu der Zeit, als wir uns zum Nachweis der arischen Abstammung mit Ahnenforschung beschäftigten, die Verwandtschaftsverhältnisse der 7 – ich glaube mich recht zu erinnern - Hofbesitzer mit dem Namen Rothkegel in Kasimir erklärt, und ich habe seine Angaben niedergeschrieben. (Leider habe ich diese Aufzeichnungen auch bei der Vertreibung aus der Heimat 1945 in Gleiwitz zurück lassen müssen.) Die einzelnen Hofbesitzer hatten neben den Familiennamen Unterscheidungsnamen, Spitznamen, Hausnamen. Mir sind nur folgende in Erinnerung: Die Familie meines Vaters hieß, wie schon erwähnt,
"Hans Jürgen", eine andere "Schulgroßvater", wieder eine " Ölschlägers" und eine "Bargs" (die im Berg; sie wohnten wohl im Ortsteil "Berg"!) Bei der Nennung der einzelnen Familien sagte mein Vater damals jedes mal dazu: "Die sind verwandt mit uns - Die sind nicht verwandt mit uns".
So konnte der Bruder meines Vaters, unser "Onkel Robert", eine Witwe Josefa
Rothkegel, geborene Rothkegel, heiraten, was kirchlich nicht erlaubt gewesen wäre, wenn sie miteinander verwandt gewesen wären. Diese Josefa Rothkegel war weder verwandt mit ihrem 1. Mann Carl Rothkegel noch mit ihrem 2. Mann Robert Rothkegel. Vielleicht aber waren Robert Rothkegel und Carl Rothkegel Verwandte! Aufschluss darüber aber wer von den nun in alle Welt verstreuten Namensvettern miteinander verwandt ist, hatten nur die Kirchenbücher von Kasimir geben können; die jedoch sind bei dem großen Dorfbrand von 1796 alle verbrannt.
Wer seinerseits bei dem Pfarramt Kasimir um die Geburts- bzw. Taufurkunden
der Ahnen nachsuchte, bekam die Auskunft: "-------- kann nicht gefunden
werden, das älteste aus dem Dorfbrande i. J. 1796 noch gerettete Taufbuch
von 1781 bis 1804 und noch das einzige ist sehr Lückenhaft, alle andere sind verbrannt".

Bleiben wir bei der Annahme, der "Rothkogel" bei Hotzenplotz war für die
späteren Kasimirer Rothkegel eine "Zwischenstation"!
Woher kamen aber unsere Ahnen im Zuge der Besiedelung des Deutschen Osten?
Vielleicht kann uns der Duden darüber Auskunft oder wenigsten Hinweise
geben!
Fragen wir den Duden!
Kogel = Bergkuppe, mundartlich "Koppe", wie Schneekoppe. Im Riesengebirge
Und den anschließenden Gebirgszügen heißen die Berge: "Schwarze Koppe", "Kesselkoppe", "Vogelkoppe", "Spiegelkoppe" "Eisenkoppe", "Bischofskoppe".
Wo aber heißen sie "Kogel"?
Wir fragen das Lexikon:
Kogel = "In den Alpen übliche Bezeichnung für kegelförmige Berge".
Schifahrer kennen den "Steinbergkogel" bei Kitzbühl, wir kennen den
"Feldkogel" und den "Viehkogel" im Berchtesgadener Land. In den Alpen
und besonders in Tirol wimmelt es geradezu von "Kogels". Dort "wimmelt" es
von "Kogeln" wie in Kasimir von Rothkegeln (ursprünglich Rothkogel)
Ja, sogar einen "Rothkogel" ( 2940 m ) findet man in den Ötztaler Alpen.

Kamen unsere Ahnen, die in das fruchtbare Lößbodengebiet des Leobschützer
Landes gerufen wurden, aus Tirol, aus dem Land um den "Rothkogel" im
Ötztal? Gaben sie dem Berg, der sich jetzt vor ihren Augen erhob, nur 285m hoch, ein Zwerg im Vergleich zu den Riesen in der alten Heimat, den Namen
des Heimatberges?
Nur ein eingehendes Studium der Siedlungsgeschichte dieses schlesischen Raumes,
des "Bistumsland Neisse", könnte die Angaben über die ursprüngliche Heimat
der in das Bistumsland berufenen Bauern sichern.
Vielleicht unternimmt einmal einer meiner Kinder eine Expedition in die mittelalterlicheSiedlungsgeschichte des "Neisser Bistumslandes"! Ware es nicht leichter mit Hilfe einer akademischen Ausbildung, die ursprüngliche Heimat der Rothkegel zu erforschen, auszufinden?

Vorläufig liegt uns nur die Arbeit Kurt Engelbert "Quellen zur Geschichte des Niesser Bistumslandes auf Grund der drei ältesten Neisser Lagerbücher. Quellen und Darstellungen zur schlesischen Geschichte , Bd. 10" vor.

Aus o.g. Quellen von Kurt Engelbert hat Realschullehrer Leo Mucke (dem "Viertelrothkegel", wie er sich gerne selbst nennt, weil seine Großmutter
eine geborene Rothkegel war) die für uns relevanten Auszüge gemacht.

Die für uns Rothkegel interessanten Urkunden sind:

Urkunde Nr. 1230
Am 7. August dreizehnhundertzweiundachzig (1382) genehmigt der Herr Bischof
Wenzeslauf von Breslau in Patschkau die Errichtung und Dotierung eines
Altars durch Elisabeth genannt Rotkogelynne, Witwe des Johannes Lange
daselbst in Patschkau, welche das Patronatsrechts uber den Altar den Konsuln und der Buergschaft daselbst uberlaesst

Urkunde Nr. 1231
Am gleichen Tage verkauft Henelinus, Schulze in Lobedau fur 2 Mark Zins
gegen Wiederverkauf auf der Scholtisei und allen seinen Gutern in Lobedau
der Elisabeth, Witwe des Langehans in Patschkau fur 20 Mark. Zeuge:
Johannes, Vogt von Neisse

Urkunde 1283 vom 3.3.1383
Nicolaus, Vogt in Patschkau, und seine Ehefrau Katharina verkaufen 2 Mark
jährlich Zins auf allen Gütern der gen. Vogtei der Elisabeth, Witwe des
Hermanus Rotkogil, Burgers in Patschkau für den neu zu errichtenden Altar
In der Pfarrkirche in Patschkau zu Ehren Allerheiligen, des hl. Mattaus und
der hl. Anna für 20 Mark.
Zeuge: Hermanus, Pfarrer in Kalkau

Urkunde 623 vom 29.11. 1375
Nicolaus Cujas, Burger in Patschkau, verkauft 1 Mark jahrlichen Zins auf
allen seinen Gutern in Bogenow distr. Paczkow ( Bogenau, ehemaliges Dorf bei Patschkau) auf Wiederverkauf fur 10 Mark dem Hermannus Rotkogel, Burger in Patschkau.

Was kann man den Urkunden entnehmen?
1. Der Name Rotkogil, Rotkogel, Rothkegel existiert schon in sehr frueher
Zeit.
2. Das der Name Rothkegel ein Herkunftsname ist, wird erhärtet dadurch,
dass zur Zeit im Bistumsland fest Familiennamen nach dem Herkunftsort
vorgegeben wurden:
a) Hanco genannt Kazmir ( aus Kasimir Kr. Leobschutz ) wird innerhalb
von 10 Jahren fester Familienname: Kazmir, Kasmir, Kazimir, Kasimir.
Dabei wechselt der Vorname mehrmals von Hanco zu Johannes, wohl nach dem
Schreiber der entweder die slawische oder die deutsche Form verwendet
hat.
b) Aus Stybendorf kommt Jacobus genannt Stybor, der im Laufe der Jahre
nur noch Jacobus Stibor heisst; ebenso Petrus Ledlow aus dem deutschen
Liedlau;
Heynco Bischoffswalde usw.

Anmerkung: Diese Namensänderungen gehen aus weiteren Urkunden hervor,
die mir vorliegen, ich aber nicht aufgeführt habe.
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