Dieser Beitrag, verfasst von Egon u. Ingelore Ossowski am 25.10.2002, 23:29 Uhr, wurde aus den ehemaligen News-Artikeln ins Forum übernommen.
1. Wappenaufbau
Das Wappen besteht aus zwei Hauptteilen, dem Schild und dem Oberwappen. Der Schild (die Schilde, nicht: das Schild, die Schilder!) dient zur Aufnahme des Schild- oder Wappenbildes im engeren Sinne und darf auch alleine verwendet werden
Im Verlaufe des Mittelalters haben sich die Schildformen immer wieder den geänderten Bedingungen der Waffentechnik angepaßt. Die älteste Form stellt der im 11. Jhdt verwendete mandelförmige Schild (der sogenannte Normannenschild) dar. Er schützte die gesamte, dem Gegner zugekehrte Seite des Kämpfers von der Höhe der Augen bis unterhalb des Knies. Mit der immer vollkommener werdenden Körperpanzerung wurden die Schilde kleiner, bis sie um 1375 als Schutzwaffe des gepanzerten Reiters völlig verschwanden. Aus dieser Phase stammen die heute verwendeten heraldischen Schilde, der Dreieck- und der Halbrundschild.
Die in einer Wappenzeichnung benutzten Form eines Schildes sollte stilistisch mit den übrigen Teilen des Wappens in Einklang stehen.
Ob der Schild schräg oder gerade stehend dargestellt wird, ist gleichgültig. Die Schrägstellung war die natürlichere, da sie bei Anhängung des Schildes mittels des Schildriemens an der Wand entstand.
Das Oberwappen setzt sich aus dem Helm, den Helmdecken und der Helmzier zusammen. Wie der Schild hat auch der Helm im Laufe der Zeit eine waffentechnische Entwicklung erlebt. In die Heraldik haben hierbei lediglich Topf-, Kübel-, Stech- und Bügelhelm Eingang gefunden. Der Stechhelm hat sich als Wappenhelm für bürgerliche Familien herauskristallisiert. Der Bügel- oder Spangenhelm tritt erst ab Mitte des 15. Jhdts in Verbindung mit den Kolbenturnieren auf. Bei diesen Turnierspielen ging es darum, dem Gegner mit einem Kolben dessen Helmzier herunterzuschlagen. Er hat sich als Wappenhelm für adelige Familien eingebürgert.
Helmdecken sind der aus Stoffbahnen bestehende Kopf- und Nackenschutz des Ritters gegen Sonneneinstrahlung. Sie kamen im 13. Jhdt auf. Bei der Gestaltung der Helmdecken ist dem Zeichner viel Raum gelassen. Sie werden üblicherweise gezaddelt, d.h. blatt- oder spitzenförmig ausgeschnitten dargestellt. Im allgemeinen geben die Helmdecken die Hauptfarben des Schildes wieder, wobei die Außenseite die Farbe, die Innenseite das Metall trägt.
Die Helmzier spielte vermutlich im tatsächlichen Kampf keine Rolle, da sie eher störte, denn nutzte. Das Tragen der Helmzierden nahm jedoch bei der mittelalterlichen Turnierpraxis einen wichtigen Raum ein. Vor jedem Turnier fand eine ausgedehnte Helmprobe statt, ein Zeremoniell, bei dem die Herolde eine äußerst wichtige Rolle spielten. Wie beim Schildinhalt ist auch bei der Helmzier die Zahl der möglichen Bilder unerschöpflich groß. Gibt die Helmzier (auch Helmkleinod genannt) den Schildinhalt wieder, wird sie oftmals als Hilfskleinod bezeichnet. Im Gegensatz dazu sind die Schmuckkleinode zu sehen. Sie haben lediglich schmückenden Charakter, bzw. Pfauenstöße, Straußenfedern, Hüte, Federbüsche und Köcher.
Bei der Anbringung der Helmzierden ist darauf zu achten, daß diese ausreichend auf dem Helm befestigt sein müssen. Vielfach ruht daher die Helmzier auf einem Helmwulst. Dies ist ein aus Stoffstreifen gewundener Kranz, der in den Farben der Helmdecken dargestellt wird.
2. Schildinhalt (Heroldsstücke und Figuren)
Der Schild ist der Hauptbestandteil eines Wappens. Er dient zur Aufnahme des eigentlichen Wappenbildes. Da die Variantenvielfalt einfarbiger Schilde doch recht beschränkt ist, ging man bereits in der Frühzeit der Heraldik dazu über, den Schild durch geometrische gerade und gebogene Linien in Felder aufzuteilen. Diese Felder oder Plätze konnten dann unter Anwendung der Farbregeln verschiedenfarbig tingiert werden. Die durch diese Aufteilungen entstehenden Schildteilungen werden auch Heroldsstücke oder Heroldsbilder genannt. Die durch sie gebildeten Kombinationen sind von ihrer Anzahl her schier unerschöpflich.
Schildteilungen oder Heroldsstücke können zusätzlich in mannigfaltiger Weise mit Figuren kombiniert werden. Der Bereich der möglichen Figurendarstellungen umfaßt praktisch die gesamte Vorstellungswelt des mittelalterlichen Menschen. Es wäre ein Stilbruch, in einem Wappen Erzeugnisse unserer heutigen von Maschinen und Computern geprägten Welt zu verwenden. Ansonsten sind der Phantasie nahezu keine Grenzen gesetzt.
Beliebte Figuren sind Pflanzen, Bäume, Blumen, Fische, Vögel und Tiere. Ferner können Bauwerke, Fahrzeuge, Handwerksgerät, landwirtschaftliches Gerät, Waffen, weltliche und geistliche Würdezeichen, Bekleidung, Schmuck und Musikinstrumente dargestellt werden. Einen großen Raum nehmen auch die Abbildungen von Fabelwesen sowie Heilige, Engel und Menschen ein.
Ein wesentliches Merkmal der Heraldik ist bei der figürlichen Darstellung die Beschränkung auf prägnante Details der Gesamtfigur. So kann beispielsweise eine Buche in Gänze, aber auch durch ein Blatt oder eine Buchecker abgebildet werden.
3. Farbregeln
Ein wesentliches Element der Heraldik stellt die Verwendung von Farben dar. Wappen ohne Farben gibt es nicht, Wappen ohne Figureninhalte sind dagegen normal. Der Stellenwert der Farbe in der Heraldik ist so hoch, daß beispielsweise eine Farbänderung gleichbedeutend mit einer Wappenänderung ist.
Das Wappenwesen kommt mit nur 4 Farben aus: Rot, Blau, Grün und Schwarz. Daneben werden noch die beiden Metallfarben Gold und Silber verwendet. Aus praktischen Erwägungen heraus kann bei einer farblichen Wappendarstellung Gold durch Gelb und Silber durch Weiß ersetzt werden.
Geprägt durch den Zwang der guten Sichtbarkeit hat sich bereits in der heraldischen Frühzeit die Grundregel ergeben, daß Farben und Metalle stets abwechselnd verwendet werden. Demzufolge ist es nicht zulässig, einen roten Adler auf blauen, grünen oder schwarzen Grund zu setzen, sehr wohl aber einen roten Adler auf goldenem oder silbernem Feld. Die Einhaltung dieser Grundregel verlangt bei mehrfeldrigen Wappen, also Wappen, die durch geometrische Linien in mehrere Flächen aufgeteilt sind, eine gewisse Flexibilität. Wesentlich ist hierbei, daß ein Aufeinander von Farbe und Metall vermieden wird. Ein Nebeneinander kann dagegen toleriert werden.
Die Anwendung natürlicher Farben widerspricht ebenfalls den Grundsätzen heraldischer Darstellung und kommt daher auch selten vor. Da die Wappenkunst es gestattet, alle Figuren in allen heraldischen Farben zu tingieren (färben), ergibt sich die Notwendigkeit der Anwendung natürlicher Farben nicht. So sind blaue Löwen oder goldene Bäume durchaus üblich. Eine Ausnahme bildet die menschliche Fleischfarbe. Sie kann beibehalten werden, wenn eine Umsetzung in Silber nicht gewünscht ist.
Werden Wappen schwarz-weiß dargestellt, so ersetzt man die verwendeten Farben durch Schraffierungen.
Vom Wappenwesen: Heraldische Grundregeln
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