Abschaffung der Landwehr ; Landdragoner ; soziale Situation 1820

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Irmgard
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Abschaffung der Landwehr ; Landdragoner ; soziale Situation

Beitrag von Irmgard »

Bremer Zeitung Nr.177 Sonntag, den 25.Juni 1820

Von der Ems, den 8.Juni
Der in Nr. 143 und 144 der Bremer Zeitung in einem Schreiben aus dem Hannöverschen aufgestellten Behauptung, daß die Reduktion der hannöverschen Armee die schönsten Folgen für die Finanzen, für den Landbau und für alle Gewerbe haben werde, kann ich nicht beistimmen. Der bisherige Bestand der Armee übersteigt nach meiner Ansicht nicht die Kräfte des Landes. Die ganze Landwehr kostet nicht so viel als drei Linienregimenter in anderen Staaten. Wenn noch eine größere Sparsamkeit bei der Armee einzuführen behauptet wird, so möchte wohl kein anderer Ausweg sein, als die Zeit zu verträumen. Die vortreffliche Einrichtung der Landwehr, wodurch jeder Bürger zum Militärdienst verpflichtet ist, verbreitet den schönsten militärischen Geist über alle Einwohner. so daß, wenn ja einmal Hannover wieder von einem Usorpator bedroht werden sollte, es leicht 100.000 Vaterlandsvertheidiger aufstellen könnte. Die aber eigentlich das Mark der Staaten aufzehren, dies sind die große Menge von Steuerofficianten, vornehmlich von den Beamten bei den sogenannten indirekten Steuern. Warum könnte nicht z.B. in Betreff des Blasenzinses für jede Provinz eine bestimmte Summe angenommen werden, welche die Fabrikanten unter sich aufzubringen hätten, und wobei es verboten würde, des Raches zu brennen, wodurch so manche Feuersgefahr abgewendet würde? Warum könnte nicht bei einem allgemeinen Fleischaufschlag den Metzgern eine gewisse Aversionalsumme auferlegt werden, wenn denselben verstattet würde, auf das Pfund 2 Pf(ennig) mehr zu nehmen? Die Mahlsteuer könnte auch im ganzen Lande gleichförmig eingeführt werden, so daß der Müller für den Staat die Abgabe vom Korn selbst erhöbe, wie er solches von seinen Mahlgenossen nimmt. Durch diese Einnahme vom Korn würde man zugleich Landes-Korn-Magazine ohne Kosten zum größten Vortheil des Landes erhalten.- Was insbesondere die Reduktion der hannöverschen Armee betrifft, so beweiset die Anführung, daß die vermehrte Menschenzahl eine Reduktion erfordere, das Gegentheil; wir haben im Königreich Hannover zuviele Familien, die ohne Grund und Boden sich ernähren müssen, und daher im Auslande ihre besten Kräfte und Gesundheit verschwenden. Wenn eine Markentheilung (m.Anm.: Landaufteilung) , nach der lüneburgischen Verordnung (welche Provinz in vielen Fällen zum Muster dient) überall eingeführt wird, alsdann können erst unsere Kräfte für den Landbau in Anspruch genommen werden und tausende von Familien Eigenthum erlangen. Der Dienst der Landdragoner kann auch sehr gut durch Militär ersetzt werden; der jetzige Bestand ist zu klein für die Handhabung der inneren Sicherheit, und eine größere Anzahl übersteigt doe Kräfte des Landes. Das Militär, welches auf dem Schlachtfelde für die Freiheit unseres Vaterlandes gekämpfet, wird in Friedenszeiten es sich zur Ehre machen, für unsere innere Sicherheit zu wachen. Überhaupt sind die Landdragoner mehr deshalb da, das Ansehen der Beamten zu vermehren, und ihre Executionsbefehle mit Strenge und Pünktlichkeit auszuführen. - Bei der Einführung einer allgemeinen Ständeversammlung läßt sich zuversichtlich erwarten, daß ihre Beratungen das Beste des Landes befördern werden, so wie wir hievon die wohlthätigen Folgen zu erfahren schon das Glück gehabt haben; doch läßt sich der allgemeine Wunsch nicht verkennen, daß dessen Berathungen durch den Druck möchten bekannt gemacht werden, und daß es dem Vaterlandsfreunde unbenommen bleibe, seine Ansichten über Beförderung des Landeswohls dem Herrn Präsidenten schriftlich zu übergeben, damit solche in einer hohen Ständeversammlung in gewogentliche Berathung genomen würden. -
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(Rubrik Vermischtes)
Die Arbeiten an der Schiffbarmachung der Ems und an der Vollendung des Lippe-Kanals werden noch immer thätig fortgesetzt (Eiige nähere Nachrichten darüber würden willkommen sein.)
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