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Degenkolb

Verfasst: 26.06.2007 21:26
von T.Schmid
Bei HiN fragt jemand nach dem FN Degenkolbe.
Nun steht ja auch eine "Antwort" zu dem FN. Ich glaube aber das diese Bedeutung so nicht stimmen kann. Was soll das sein, ein kleiner Mensch mit ner Keule oder was :?:
Wenn ich so überlege fallen mir da Orte mit dem Wort Deg(g)en ein z.B. Deggendorf. Leider kann ich keine Bedeutung für Deggen finden.
Im Namenlexikon gibt es ja auch ein Bsp. (Haarschnitt) aber auch da bin ich mir nicht sicher.
Viellecht könnt ihr mir ein bischen auf die Sprünge helfen?

Gruß
Thomas

Verfasst: 26.06.2007 21:39
von T.Schmid
Der FN scheint im LK Hof und im Zwickauer Land häufig vorzukommen.
Im LK Hof gibt es auch zwei Dörfer mit dem Namen Degen. Einmal Degendorf und Degenreuth. Daher vermute ich mal das es ein Herkunftsnamen ist.
Nur wie steht der -Kolb- im Zusammenhang mit dem FN?

Gruß
Thomas

P.S.: Könnte Degen auch von Dechen kommen, zum ON Dechengrün?

Verfasst: 27.06.2007 08:23
von Irmgard
Thomas, willst du dich wirklich unbeliebt machen? ;-)

Also hier meine Erklärung:

Die erste Einwohnerzahl und die Namen der Hofbesitzer erfahren wir aus dem Voigtsberger Amtserbbuch
1524 11 Bauern: Hans Peuchel (Beuchold), Nickel Pawer (Bauer), Erhardt Teckenkolbe (Degenkolb),
nochmals Nickel Pawer, Erhardt Sinderhauf (Sünderhauf), Heinrich Ranndecker,
Hanns Sinderhauf, Hanns Teckenkolbe,
www.boesenbrunn.de/Ottengruen/index.php?para=wiss

und dazu :
http://freenet-homepage.de/g.leu/00006.htm
Degenkolb, Decenkolb, Decken(n)kolb(e), Deckinkolbe, Teckenkolb(e), Tegkenkolbe

Die Lexika belegen vorwiegend :!: ostmitteldeutsch Kolbe seit 1503.
Später als Komp. aus mhd. degen "Dolch, Degen" und mhd. kolbe "Kolben, Keule bzw. Griff" verstanden -
1417 Degkenkouwe (Marieney); 1460 Tecknkolbe (Engelhardtsgrün); 1466 Nickel Teginkolb (Ottengrün); 1467 dye Tegenkolbin gebruderen (Ottengrün); 1489 Tegkennkolb (Plauen); 1536 Degkenkolb (Oelsnitz); 1600 Hanß Degenkolb (Taltitz); zudem in Chrieschwitz, Planschwitz, Bobenneukirchen, Dechengrün, Zettlarsgrün, Burghardtsgrün, Posseck, Oberhermsgrün

vergessen wir mal die Deutung, die unbedingt 'deutsch' interpretiert und sehen nur die verschiedenen Ansatzpunkte.

...das sind meine Gedanken dazu :-)
Degen* = Dech_an (siehe Ort Dechaney/ Böhmen)= ....
Kolb = Kolin = Herkunftsname oder böhmisch (tscheschich?) begründeter Begriff für Siedler (colon).

Degen dürfte hier nichts mit Dolch oder Degen gemeinsam haben, so wenig wie Kolb mit Keule - (da muss man sich schon entscheiden - entweder oder ;-)
Kurzhaar geschnitte (Pottfrisur) Bauern tragen auch keine Degen..
Pottfrisur bringt mich zu Degel/ tegel = Tiegel = Töpfer
Nun kann ich solche Wortspiele in viele Richtungen entwickeln und keine bringt mich zum Ursprung, sondern nur ins heutige Wort-Verständnis.

Also bleiben wir beim Böhmischen / Slawischen und können eine deutsche Entsprechenung suchen in Ortsnamen(!) Deg(g)en.. Dech.. Frage bleibt: kann man sie so einfach 'übertragen'?

Lieber Thomas,
es gibt Namen, die kann man nur 'deuten' und nicht wirklich erklären.
Seit ich diesen Satz verinnerlicht habe schmerzen mich die dahingesagten Buchwiederholungen nicht mehr und wenn mich ein Name doch allzu sehr reizt, dann weiß ich, es gibt wenigstens einen Ort im Internet, wo weitergedacht wird und nicht nur wiederholt.

netten Gruß.. Irmgard
Hier beißt mich höchstens der Wolf, aber es fliegt mir kein Duden um die Ohren :lol:

Verfasst: 27.06.2007 16:48
von T.Schmid
Hallo,

Danke Irmgard für deinen Beitrag. Wie immer, schön zu lesen und Aufschlussreich. Ich bzw. Tekker haben dem Fragesteller einen Link hierher gesetzt. Da kann er mal sehen, was wir uns hier für eine Arbeit machen :wink:
Habe auch ein bisschen im Ausland gesucht und wollte mal sehen was sich noch hinter Tecken verstecken könnte. Im Netz habe ich das Wappen der Herren von Degenberg gefunden. Im Wappen wird eine Pflanze dargestellt. Diese könnte einen Teakbaum darstellen.
Zugleich lehnt sich der Name an griechisch τέκτων tékton = Zimmermann an
Könnte von diesem Wort auch Teck(en) stammen???
Außerdem habe ich noch zu Degen gefunden:
Übername zu mhd. dëgen = Knabe; Krieger, Held

Viele Wörter und doch nichts genaues zum FN...:?
Vielleicht schaut mal der Wolf oder Hendrik vorbei?

Gruß
Thomas

Verfasst: 27.06.2007 17:34
von Irmgard
Ja,Thomas viele Worte entwickelten sich aus <thegan> und es gibt viele Verwandtschaft. Deshalb muss es logisch sein, daß, wie wir hier immer sagen, man in der Region schauen muss wo der FN angenommen wurde.
In Griechenland hat der Name eine andere Bedeutung als in Böhmen, dem Slawischen oder Alpenraum. Und seine früheste oder häufigste Nennung in einem speziellen Gebiet muß für diesen(!) Degenkolb nicht maßgeblich sein.

Man nimmt keinen Namen auseinander, aber .. ist >kolb< das Grundwort, also die eigentliche Bedeutung, dann sehen wir uns das mal näher an.
Da haben wir den slaw. Begriff für den Ortsnamen. Ortsnamen erklären wir nicht, weil sie viel unklarer in ihrem Ursprung sind als FN und für die FN auch keine Bedeutung haben.
Im deutschsprachigen Raum sehe ich in <kolb>
a) die Keule, den Kolben - kolbenförmig.
b) das Kalb
c) die Kolbe (Hut/Frisur)
c) Kolb wie Kobel

Kobel ist
a) Herkunftsname
b) Wohnstätte wie -> Kotten
c) Jakob

Kobel wie Kogel bezeichnet
a) das Kind - besser : den Abkömmling ->kegel
b) die Kuppe (Kopf / Berg)
c) Ortsnamen
...............
mit Degen = dechen= tecken kann ich das ebenso machen.. und noch mehr:

da ist
a) der männl. Abkömmling
b) der Rufname auf thegan
c) Orte auf Degen..

dechen = Orte auf Dech../ Dach..
Tecke = Decke
usw.. bis hin zum Tegel = Topf oder tiegelförmig usw..

Wollen wir nun würfeln, was zusammenpasst?
Wir brauchen, um diesen einen FN erklären zu wollen, seine ursprüngliche Herkunft.
Das einzige, was ich ohne weitere Info sagen würde ist :
der Name ist ein Herkunftsname.
Er bezeichnet die Herkunft eines Degen aus einem Ort namens Kolb..
Er bezeichnet die Herkunft eines Kolb(e)/ Köbler aus einem Ort namens Degen..
Er bezeichnet einen Wohnplatz mit der Bezeichnung '....kolb/ köbel'
Die Bedeutung der Worte sind nur für den Ort verbindlich - nicht für die Menschen.

..und am Ende ist es ein oberdeutscher Sohn auf dem Jakobsweg nach dem die Sippe sich nannte ;-)

lieben Gruß.. Irmgard

Verfasst: 28.06.2007 09:26
von Tymberwolf
T.Schmid hat geschrieben:Übername zu mhd. dëgen = Knabe; Krieger, Held

Viele Wörter und doch nichts genaues zum FN...:?
Vielleicht schaut mal der Wolf oder Hendrik vorbei?
Weil du es bist Thomas,
schau ich mal. :wink:

Irmgard hat schon gut vorgearbeitet, da könnte man noch vieles hinzufügen, aber das bringt es nicht.

Es gibt für Degenkolb im genannten Gebiet eine These:
Degenkolb, Decenkolb, Decken(n)kolb(e), Deckinkolbe, Teckenkolb(e), Tegkenkolbe
mhd. decken "bedecken" und mhd. kolbe für kurzgeschnittenes Haar bes. der Narren und Unfreien; Haarschopf". Satzname: "Bedecke den/die Kolbe(n)".
Die Lexika belegen vorwiegend ostmitteldeutsch Kolbe seit 1503. Später als Komp. aus mhd. degen "Dolch, Degen" und mhd. kolbe "Kolben, Keule bzw. Griff" verstanden - 1417 Degkenkouwe (Marieney); 1460 Tecknkolbe (Engelhardtsgrün); 1466 Nickel Teginkolb (Ottengrün); 1467 dye Tegenkolbin gebruderen (Ottengrün); 1489 Tegkennkolb (Plauen); 1536 Degkenkolb (Oelsnitz); 1600 Hanß Degenkolb (Taltitz); zudem in Chrieschwitz, Planschwitz, Bobenneukirchen, Dechengrün, Zettlarsgrün, Burghardtsgrün, Posseck, Oberhermsgrün *
aus:
http://freenet-homepage.de/g.leu/
http://freenet-homepage.de/g.leu/00006.htm

Die These ist ganz nett, finde ich, frage mich allerdings, was der/die Kolb(e(n)) sein soll?:wink:
Kolbe = Kopf?

Ich würde auch eine ON/ÖN These bevorzugen, vor allem vor dem Hintergrund, dass 1417 die Form Degkenkouwe und 1467 Tegenkolbin vorliegen.
Ich kenne auch die Bedeutung von Degken/Tegen, aber werde sie nicht nennen, weil das nur zu Missverständnissen führen würde, s. a die Ausführungen von Irmgard zur Bedeutung von ON/ÖN.
Trotzdem darfst du natürlich mal schauen, z.B. gibt es zum ON Deggendorf einen interessanten Artikel:
http://www.geschichtsverein-deggendorf. ... 02_052.htm
[nur soviel ein "Wasserwort" ist es nicht!] :-)

Tymberwolf

PS:
Thomas, wenn du dir weiter Gedanken zu dem FN Degenkolb machen willst, dann schau dir zum Vergleich die FN Degenstein und Degenhard an.

Verfasst: 28.06.2007 09:44
von Irmgard
ich denke, man muss sich von den Begriffen lösen und nicht versuchen, sich an Ortsnamen zu orientieren.

Deshalb verweise ich nochmal auf den Ort Kolben in Böhmen und setze die Bezeichnung Dechant / Dechanei = Kirchenamt davor.

ansonsten hole ich schonmal die Würfel hervor ;-)

.. Irmgard

Verfasst: 29.06.2007 10:33
von Tymberwolf
Irmgard hat geschrieben:ich denke, man muss sich von den Begriffen lösen und nicht versuchen, sich an Ortsnamen zu orientieren.

Deshalb verweise ich nochmal auf den Ort(snamen) Kolben in Böhmen ...
:lol: der ist gut :!:
tymberwolf

Verfasst: 29.06.2007 10:54
von Irmgard
schön, wenn ich dich erfreuen konnte! ..und du mir zeigst, wie doof ich bin. Kann nicht mal ordentlich formulieren..
denn natürlich meinte ich den ORT - nicht den Ortsnamen als solchen.
Ich bitte dich, meine Texte nicht verfälscht zu zitieren.

Irmgard

Verfasst: 29.06.2007 11:07
von Tymberwolf
Irmgard hat geschrieben:denn natürlich meinte ich den ORT - nicht den Ortsnamen als solchen.
Ich bitte dich, meine Texte nicht verfälscht zu zitieren.
war doch ein schönes Wortspiel Bild:oops:

O.K. Irmgard, wir sind uns ja einig, es wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ein ON/ÖN dahinterstecken, vielleicht auch (dein) Kolben in Böhmen, denn auch hier dürften wir und einig sein, der Name kommt aus dem Vogtland.
http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Vogtland_1350.png

Zum WE biete ich mal folgendes zum Überdenken an:
http://www.benz-lenggries.de/namekolbinger.html

Tymberwolf