Dieser Beitrag, verfasst von M.Waas am 25.01.2003, 14:30 Uhr, wurde aus den ehemaligen News-Artikeln ins Forum übernommen.
Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern gab es in den von der deutschen Heraldik beeinflußten Staaten nie ein zentrales Wappenregister, zumindest soweit es Bürgerliche Wappen anging.
In Deutschland wurde die Annahme von Wappen, von Beginn der Heraldik an, immer als etwas Privates angesehen. Daraus ist heute ein Gewohnheitsrecht geworden.
Von Seiten der Obrigkeit gab es immer wieder Versuche diese selbständigen Wappenannahmen zu verbieten, es ist aber nie durchgedrungen, wovon die zahllosen Verordnungen zeugen.
Es ist ein schlichtes Märchen; wenn heute noch verbreitet wird, daß nicht durch Wappenpatente garantierte oder verliehene Wappen etwas Minderwertiges seien. Die wenigsten Wappen wurden registriert, noch weniger wurden je verliehen. Mit Verleihung ist meist nur die Eintragung und damit die rechtliche Absicherung eines bereits bestehenden Wappens gemeint. Eintragungen wurden von Hofpfalzgrafen (Kaiserliche Verwaltungsbeamte) gegen ein Handgeld durchgeführt. Diese Hofpfalzgrafen wurden unterschieden in solche mit Großem und andere mit Kleinem Palatinat. Die mit Kleinem hatten ähnliche Aufgaben wie die heutigen Notare; Hofpfalzgrafen mit Großem Palatinat konnten außerdem noch gewisse hoheitliche Aufgaben übertragen bekommen, wie z.B. Nobilitierungen. Hofpfalzgrafen waren nicht immer natürliche Personen, es konnten auch juristische Personen sein. Die meisten Ernennungen zum H. waren erblich oder an den Bestand der juristischen Person gebunden, so kam es, daß bis zum Ende des alten Reichs 1806 fast 4000 natürliche und juristische Personen eine Ernennung erhalten hatten.
Teilweise wurde vom Kaiser auch an Adelige oder Fürsten das Recht vergeben eine bestimmte oder unbestimmte Anzahl von Wappen verleihen zu dürfen. Dazu kommt noch, daß schon seit dem 14. Jahrhundert neben dem Kaiser auch andere deutsche Fürsten Wappenbriefe ausstellten, die Herzöge von Bayern, die Pfalzgrafen bei Rhein usw. Außerdem durften auch die Churfürsten welche den Kaiser vertraten Wappenbriefe ausstellen und Nobilitierungen vornehmen.
Nach 1806 wurden die Ämter der Hofpfalzgrafen aufgelöst und an Ihre Stelle traten die Heroldsämter der verschiedenen Deutschen Staaten. Einige Staaten, wie Preußen hatten schon vorher ein eigenes Heroldsamt (1735), andere Staaten hatten wiederum keins oder die Ämter gab es nur von Zeit zu Zeit. Gemeinsam war allen Heroldsämtern, daß Bürgerliche Wappen nicht mehr registriert, bzw. verliehen wurde. Sie kümmerten sich nur um Kommunal- bzw. Adelswappen Eine Ausnahme machte hierbei das Königreich Sachsen, wo von 1912 bis 1918 auch Patente für Bürgerliche Wappen erteilt wurden. Eine weitere Möglichkeit zur Rechtssicherung des Wappens bestand in einer Eintragung im "Deutschen Geschlechterbuch"!
Alle diese Wappenbriefe, die bis 1918 erteilt wurde waren reine "offene Briefe", d.h. der Besitzer des Patents hatte durch Besitz und Präsentation des Briefes seine Rechte am Wappen bewiesen. Eine Wappenrolle im heutigen Sinne des Wortes gab es damals nicht. Zwar wurden Kopien der Patente geschrieben und in Libellen gesammelt, aber diese Bücher wurden immer wieder receycelt, da sie auf knappen und daher wertvollen Pergament geschrieben waren.
Außerdem hatten die Hofpfalzgrafen einen Anteil der Gebühren an den Kaiser abzuführen, was dazu geführt hat, daß die Bücher höchst ungenau und lückenhaft geführt wurden.
Die erteilten kaiserlichen Wappenbriefe kann man in zwei Gruppen einteilen:
1. Der "normale" Wappenbrief . Mit ihm wurde kein besonderes Recht vergeben, sondern das Wappen quasi registriert. Von dieser Sorte gab es unzählige, da relativ preiswert. Allein aus der Regierungszeit Friedrich III. sind über 5.000 dieser Briefe bekannt. Das soll nicht heißen, daß noch alle Wappen bekannt wären oder registriert.
2. Der Wappenbrief mit Artikel. Diese Art des Wappenbriefs wurde in zwei verschiedenen Versionen ausgestellt. Version eins enthielt den Passus "meins Reiches Wapensgenos" und eine Aufstellung darüber wie das Wappen verwendet werden konnte. Da darin auch der Wappengebrauch auf Turnieren usw. behandelt wird, kann man davon ausgehen, daß mit diesem so etwas ähnliches wie die Turnierfähigkeit verliehen wurde. Die zweite Version enthielt den Passus "Meins Reichs Wapen und Lehnsgenos", damit wurden noch erweiterte Rechte vergeben, wie, Steuerbegünstigung, Lehnsfähigkeit, also ein Ritterlehen o.ä. zu erwerben und den Namen des Lehens als Zunamen zu führen, Beispielsweise "Rieter von Kronberg"!
Die Wappenbriefe mit Artikel kann man als Vorstufe zum Adelsbrief ansehen. Teilweise wurde mit diesen Briefen auch der Adel ersessen. D.h. der Adel wurde später offiziell bestätigt, oder stillschweigend geduldet.
Es ist natürlich klar, daß die Wappenbriefe mit Artikel äußerst teuer waren, daher wurden sie fast ausschließlich vom reichen Bürgertum oder Patriziat erworben.
Mehr hierzu siehe auch: www.heraldik-heraldry.org
Geschichte der Wappenrollen
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