Geschichte der FN

Einführung in die Namenkunde
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Irmgard
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Geschichte der FN

Beitrag von Irmgard »

Korad Duden setzte sich sein Leben lang für die Vereinheitlichung der deutschen Rechtschreibung ein. Das im Jahre 1880 erschienene Werk „Vollständiges Orthographisches Wörterbuch der deutschen Sprache“ gilt als der „Urduden“ und enthält 28.000 Stichwörter auf 187 Seiten. 1902 beschloss der deutsche Bundesrat Dudens „Regeln für die deutsche Rechtschreibung nebst Wörterverzeichnis“ für alle Bundesstaaten des Deutschen Reiches als verbindlich, Österreich-Ungarn und die Schweiz schlossen sich an. Entsprechend ist „Schlag im Duden nach!“ ein geflügeltes Wort bei Unsicherheiten in der deutschen Rechtschreibung. Der „Duden“ in seiner aktuellen 25. Auflage (2009) enthält 135.000 Stichwörter.
Q.: Wikipedia

Die Zeit um 1880 steht für politischen Wandel in ganz Europa, wirtschaftlichen Aufschwung durch bahnbrechende Erfindungen (Auto, Eisenbahn, Telefon), Neuerungen ungeahnter Art in allen Bereichen und damit verbunden die Erstarkung des Bürgertums.
"Man ist wer" im bürgerlichen Mittelstand und nähert sich der Oberschicht an, ahmt sie nach und wird "vornehm" mit Hilfe von Knigges Anstandsregeln 1788, man spricht Hochdeutsch und schreibt nach Duden.
Die "Gute alte Zeit" beginnt, wird gelebt und geprägt von Glorifizierung und Romantisierung.
Und hier finden Namendeutung á la Duden und Co. und "Wappenbilder" zum Sippennamen einen Nährboden und gedeihen durch ständige Wiederholung bis in unsere Zeit.
Ahnenforschung war lange mit dem Makel der NS Zeit behaftet, was nicht zur Aufklärung in Bezug auf die Namen beitrug. Die Darstellungsweise der Namenlexika : 1. Wortsinn, 2. Namenerklärung festigte sich in der Lesart zu einer Rangordnung und scheinbar unantastbarer Erkenntnis, die von einigen zeitgleichen Autoren, ungeachtet aller erkennbaren Regeln der Namenbildung übernommen und damit bestätigt wurden.

Um ca 1100 ist ein Boom an Stadtgründungen zu verzeichnen und nun begann man zögerlich, die Untertanen zu katalogisieren: wer bist du -> Johann, wo kommst du her-> Ortsname, wo wohnst du-> Haus-,Hofname. Denn der Zuzug war an strenge Regeln gebunden.
Das Landvolk in den kleinen Dörfern mit wenigen Höfen brauchte keinen Familiennamen und wollte auch keinen. Man hatte den Hofnamen und jeder kannte jeden. Und so wechselten die Adress-Namen mit der Heirat oder dem Ortswechsel und machten dem Landesherrn eine Übersicht über die Anzahl der (nützlichen männlichen) Untertanen unmöglich. Mit Verordnungen bestand man auf Vererbung des Familiennamens und Pfarrer hatten hierauf zu achten und Buch zu führen. Erst mit der Einführung des Code Civil durch Napoleon (ab 1807), durch den Häuser und Höfe ihre Namen gegen eine amtliche Nummer eintauschten, ging mit der gleichzeitigen Individualisierung der Person die "Versteinerung" der FN einher: http://www.nhv-ahnenforschung.de/Famili ... nerung.htm

Emigranten und vagabundierende Tagelöhner und Wanderarbeiter oder andere Grenzgänger besaßen zwar schon immer Pässe, aber im Laufe der Wanderschaft durch verschiedene Sprachräume und geschichtliche Zeiten ergaben sich oft die merkwürdigsten Namenbildungen - gewollt oder ungewollt - , die heute auf der Suche nach den Wurzeln der Sippe zu unsinnigen Erklärungen im Geiste der Kinder von Duden und Co. führen können und durch das Internet eine ungeheuerliche Verbreitung und damit einhergehende Akzeptanz finden.

Also eine Wiederholung der Geschichte oder doch nur ein Wunsch nach Indivudualität in einer zunehmend anonymisierten und demokratisierten Gesellschaft ?

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Gewöhnlich glaubt der Mensch, wenn er nur Worte hört, es müsse sich dabei doch auch was denken lassen.

Fam.-Nam.-Bildung und Wort-/Begriff-Erklärung sind zweierlei! Wort- bzw. Begriff-Erklärungen führen zur Personifizierung eines Fam.-Namens und sind unbewiesene Spekulationen! Tatsächlich sind Fam.-Namen Adressen (wie ihre adligen Vorbilder) nach regionalen Regeln gebildetet aus Orts-/Örtlichkeitsnamen =Herkunftsnamen, die sich manchmal fälschlich als Worte lesen!
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