Läßt ein "von" im Namen stets auf Adel schließen?

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Christian
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Läßt ein "von" im Namen stets auf Adel schließen?

Beitrag von Christian »

Dieser Beitrag, verfasst von Christian Benz am 22.01.2003, 07:21 Uhr, wurde aus den ehemaligen News-Artikeln ins Forum übernommen.

Um diese Frage beantworten zu können ist es erforderlich der ursprünglichen Bedeutung dieses Namenszusatzes nachzugehen.

Familiennamen haben ihren Ursprung in verschiedenen Bereichen, die sich in fünf Hauptgruppen einteilen lassen:
  • * Rufnamen (Patronyme, Metronyme)
    * Herkunftsnamen
    * Wohnstättennamen
    * Berufsnamen
    * Übernamen
Der Zusatz "von" tritt dabei in den Herkunftsnamen und in begrenztem Umfang in Wohnstättennamen in Erscheinung. Die Präposition diente also früher schlicht und einfach nur dazu, Familiennamen nach der Herkunft zu bilden.

Herkunftsnamen
Bei Herkunftsnamen wurden zugezogene Menschen nach dem Ort ihrer Abstammung benannt. Bei den Herkunftsnamen aus Ortsnamen verwendete man dazu zunächst hauptsächlich die Präpositionen "aus" und "von". War beispielsweise ein Mann mit dem Rufnamen Hans aus einem Ort Hamburg zugezogen, so wurde er (an seinem neuen Wohnort) fortan als "Hans von Hamburg" oder "Hans aus Hamburg" bezeichnet. Derartige Umschreibungen, Zusätze und Beinamen "von [Ortschaft]" konnten schließlich zu Familiennamen werden, wobei die verwendeten Präpositionen anfangs noch stets dazugehörig waren.

Wohnstättennamen
Im Gegensatz zu den Herkunftsnamen wurden Wohnstättennamen vom Wohnsitz einheimischer Menschen abgeleitet. Auch in Wohnstättennamen kann die Präposition "von" vorkommen, da für die Bildung dieser Namen jedoch zum einen etliche Unterkategorien in Frage kommen und zum anderen neben dem Verhältniswort "von" auch mehrere andere Präpositionen benutzt wurden, findet sich das Wort "von" häufiger in den Herkunfts-, als in Wohnstättennamen.

Herkunftsnamen ohne "von"

Ab der Zeit, als die von der Herkunft abgeleiteten Beinamen, schließlich zu Familiennamen wurden, läßt sich der Trend erkennen, dass Präpositionen mehr und mehr weggelassen wurden. Bereits im 14./15. Jahrhundert überwiegen schließlich Herkunftsnamen, ohne Präpositionen wie "von". Im Niederdeutschen werden diese Namen fortan mit dem Suffix -mann gebildet, im Mitteldeutschen erscheint nur mehr der reine Ortsname, im Oberdeutschen wird die Endung -er angehängt. In unserem Beispiel wurde also aus dem Hans von Hamburg nun entweder "Hans Hamburger", "Hans Hamburg" oder "Hans Hamburgmann". (Beispiel frei erfunden.)

Nichtadelige von-Namen
In manchen deutschsprachigen Regionen hat sich das "von" bei Nicht-Adeligen jedoch bis heute in einigen Familiennamen, die auf Herkunftsnamen zurückgehen, gehalten. Somit darf nicht automatisch auf eine adelige Herkunft geschlossen werden, wenn "von" im Namen auftaucht - womit wir unsere eingangs gestellte Frage beantwortet haben.

Adelige von-Namen

Es stellt sich abschließend die Frage, warum sich beim Adel das "von" dagegen besser bis in die heutige Zeit gehalten hat. Dafür sind folgende Gründe ausschlaggebend:

Zum einen war die adelige Bevölkerungsschicht überhaupt mit die erste, die einen Familiennamen trug, da diese vererbbaren Namen Erbansprüche auf Besitzverhältnisse zum Ausdruck brachten. Zudem wurden diese Namen des Adels praktisch überwiegend nur aus Wohnstättennamen geschöpft, um den (Land-)Besitz zu repräsentieren. Somit fällt ein sehr großer Teil der adeligen Namen fast ausschließlich in diejenige Kategorie der Familiennamen, in welcher die Präposition "von" Verwendung fand - im Gegensatz zu den nichtadeligen Namen, die ja aus allen fünf oben aufgeführten Hauptgruppen gebildet wurden.

Zum anderen verschwanden die Präpositionen zunehmend, wie oben geschildert. Beim Adel hielt sich das "von" jedoch zumeist, da es etwa ab dem 17. Jahrhundert als besondere Kenntlichmachung an Bedeutung gewann und gewissermaßen zum Adelsprädikat wurde. Als solches konnte es nun sogar ohne Angabe eines (Wohn-)Ortes verwendet werden.

Welche Namen sind adeligen Ursprungs und welche nicht?
Wie läßt sich nun feststellen, ob ein "von"-Name ein Adelsgeschlecht meint oder ein Name einer nichtadeligen Familie vorliegt? Das ist sicherlich eine Frage, die sich nicht immer leicht beantworten lassen wird. Um Gewissheit zu erlangen wäre es natürlich am besten, wenn die adelige Herkunft von Ahnen aus historischem Quellenmaterial hervorgehen würde. Das Aufspüren oder vielmehr Vorhandensein derartiger schriftlicher Zeugnisse wird wohl nicht in allen fraglichen Fällen erfolgreich bzw. möglich sein. Lohnend könnte auch die Suche in entsprechender Literatur sein. So gibt es beispielsweise Verzeichnisse in denen diverse Adelsfamilien(namen) aufgelistet sind. Derartige Bücher sind zum Teil in den Bibliotheken einzusehen. Exemplarisch sei hier das zweibändige "Adelslexikon" von Johann Christian von Hellbach (erschienen 1976) genannt. Eine Auflistung von nichtadeligen "von"-Namen findet sich in der FAQ vom Institut Deutsche Adelsforschung.

Weiterführende Seiten zum Thema Adel finden Sie unter: http://ahnenforschung.net/dir/de/adel/

Kommentar von BilletdeMuisson (Claus.J.Billet @ gmx.de) am 24.01.2003, 10:22 Uhr:
Das bei einigen niederdeutschen Geschlechtern vorkommende "de" ist vor NICHT-französischen Namen NICHT das französische Adelszeichen, sondern das niederdeutsche"der" = de Lange - der Lange."
Zitat:
Handbuch der Heraldik - Wappenfibel
Verlag Degener & Co.
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