Bevölkerunggsfluktuation

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Tekker
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Bevölkerunggsfluktuation

Beitrag von Tekker »

Hallo Gemeinde, :finger:

Im Geschichtsforum tauchte neulich eine interessante "Problematik" auf. Es ging darum, daß die Deutschen gern "am selben Fleck" bleiben würden, was anhand der Namen zu sehen sei.
Diese Aussage überraschte mich nicht, tauchen doch in meinen Heimatorten bis in die frühe Neuzeit zurück stets dieselben Namen auf und wird dies auch durch die Ahnenreihen der Bewohner bestätigt.

Nun stellte ein User aber eine interessante Behauptung auf: Bei seinen Untersuchungen waren in den betrachteten Orten nach ca. 100 Jahren fast alle Familienamen ausgetauscht. :shock:
Ein anderes Mitglied bestätigte jetzt diese Beobachtung. Den Angaben glaube ich schon, die User dort sind sehr gewissenhaft. Nur kann ich mir keinen Reim darauf machen, da es meinem Wissensstand so diametral entgegensteht... :?:

Also was sagt ihr dazu, bleiben die Menschen am Ort oder fluktuiert die Bevölkerung tatsächlich in dem genannten Ausmaß?

Hier ist mal der Link direkt zur Diskussion. Bin gespannt auf eure Ansichten!
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Thorben
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RE: Bevölkerunggsfluktuation

Beitrag von Thorben »

moin Tekker

meine ahnen - vor allem mütterlicherseits - sind größtenteils immer im selben gebiet geblieben. einmal gabs (vermutlich) ne größere reise von mehr als 50 km am stück! ansonsten zogen die kinder immer nur zwei oder drei orte weiter.

wegen dem austausch der familiennamen in einem ort guck ich mal zu hause nach! hab zur zeit ne chronik meines heimatortes liegen, magucken was ich finde!
aber so aus dem gedächtnis:es blieben viele namen (zumindest die höfner und halbhöfner, bei häuslern und deren familien hab ich keine ahnung) gleich!

meld mich dann die tage deswegen wieder

schöne grüße Thorben
ic gefremman sceal eorlíc ellen oþðe endedæg on þisse meoduhealle mínne gebídan.
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Tekker
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RE: Bevölkerunggsfluktuation

Beitrag von Tekker »

Danke Thorben, dann gucken wir mal, bin gespannt... :yes:
Irmgard
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RE: Bevölkerunggsfluktuation

Beitrag von Irmgard »

Hallo Tekker,

verstehe ich euch richtig, dass da jemand meint, die Bevölkerung spielt 'Reise nach Jerusalem' ? ;-)

In gewisser Weise und wenn ich meinen guten Tag habe, sage ich okay.

Hatte ein Paar 5 Söhne, so erbte einer und je nach Ort und Zeit, wurde der Älteste Knecht beim Erben (Jüngsten). Die anderen 3 mussten sich Arbeit suchen auf fremden Höfen. Der Älteste durfte erst heiraten, wenn er sich selber eine Hofstelle kaufen konnte. Somit bleibt nur einer am Ort,der den Namen weitergibt.
Napoleon führte die Teilung der Erb-höfe ein, bis kaum noch ein Hof so groß war, dass er eine Familie ernähren konnte. Aber geheiratet wurde mit Vorliebe aus dem Nachbarort. Und weil gerade die Industrialisierung und die Werber der Auswanderer ein Auskommen versprachen, blutete das Land aus... ich verzettel mich .. *g - du denkst selber weiter ;-)

Die Rechnung sagt : von 5 bleiben 2 und 3 siedeln im Umkreis - so mischen (! ) sich die Namen in einem Bezirk und sicher unterschiedlich stark. Einen Wechsel oder gar völligen Austausch kann ich nicht nachvollziehen.

netten Gruß.. Irmgard
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Thorben
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RE: Bevölkerunggsfluktuation

Beitrag von Thorben »

moin Tekker

es gab 13 höfe, davon ca hälfte-hälfte höfner und halbhöfner. anfangs war eins für die holzknechte bestimmt!

eine noch heute ansässige familie lebt seit ca 1550 hier. eine weitere seit ca 1800 und ist heute auf mehrere der damaligen höfen verteilt. zwei weitere seit ca 1800. nächste familie: seit mindestens 1680. und eine seit anfang 18. jh.

von 1560-1870 eine weitere familie, von 1725-1870 noch eine familie!
...

also sieht fast nach vor ort bleiben aus! kann die these also nicht bestätigen

schöne grüße Thorben
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Tekker
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Beitrag von Tekker »

Hallo Irma & Thorben,

vielen Dank für eure Mühen. :P

Genau das sind ja auch meine Erfahrungen. Da reicht auch ein Blick in die Dorfchroniken, viele alte Namen sind dort noch heut zu finden, wenige sind verschwunden. Heute ist das Bild natürlich viel umfangreicher durch den regen Zuzug. Aber "Austausch" konnte ich auch nicht feststellen.

Ein Diskussionssteilnehmer im andern Forum hatte Namen einzelner Orte im Abstand von 100 Jahren verglichen und kam zu dem Schluß, daß die Namen nicht am selben Ort überdauerten. Hier könnt ihr es selbst lesen.

Also ich für meinen Teil bin nun von der Sache komplett verwirrt... :?:


Edit: Die einzige Erklärung, die ich im Moment hätte, liegt in der jeweiligen Region... :idea:
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Hendrik_Kutzke
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Beitrag von Hendrik_Kutzke »

Tekker hat geschrieben:Also ich für meinen Teil bin nun von der Sache komplett verwirrt... :?:
Tekker, wieso denn das :?:

Das ist eine "Mikrountersuchung", und was in einem Ort und von mir aus auch in weiteren Orten zutrifft, kann in einem dritten Ort, bzw. anderen Orten wieder ganz anders sein.:-)

Ich habe so eine Fallstudie für das Dorf in dem ich wohne gemacht. Das Dorf, das (nachweisbar) über 1000 Jahre alt ist, hat eine große Bauernschaft, deren älteste bekannte Familie ist fast 600 Jahre hier ansässig. Der FN der Familie streut hier in der Gegend und ist heute sehr stark in den nördlichen von uns liegenden Landkreisen vertreten.
Ein weiterer FN ist 350 Jahre hier ansässig und interessanterweise zeigt sich hier, dass der FN im Zentrum seiner/seines Verteilung/Vorkommen (Stand heute) liegt, d. h. man könnte zum Schluss kommen, der FN sei hier entstanden.
Ähnlich verhalten sich die FN aus den anderen Bauerngeschlechtern, die meist um 350 Jahren hier ansässig sind und natürlich auch in der Umgebung vertreten sind.

Wir können feststellen, den "Fallstudien" in dem von Dir genannten Forum, können wir die Fallstudien (deine und meine) entgegenstellen. :wink:
Die Vorgehensweise ist völlig korrekt und wissenschaftlich einwandfrei, aber es ist eben nur ein Teilaspekt betrachtet worden. Eigentlich fängt nun die Untersuchung erst an.
Aufzuarbeiten wäre der geschichtliche, soziale, ökonomische, politische und religiöse Hintergrund zu den jeweiligen Dörfern und Familien.
Die Begründung, dass ein FN, oder von mir aus auch alle FN, in einem Dorf "ausgestorben" sind, kann sehr vielfältig sein. Einen möglichen Grund hast Du genannt: "die Religion".
Es gibt aber noch viele andere Gründe, (ich nenne nur 2), z.B. Krankheiten (Pest), (Natur)-Katastrophen (Missernten, Krieg, ...), usw..
Ein weiterer Aspekt ist die Vergleichbarkeit von FN über die Jahrhunderte.
Wer sagt uns, dass die Betrachter die FN richtig erkannt haben?
Beispiel:
Luther, Luder, Lutter, Lotar(ius), Ludeke, Leuther, Lutel usw..
Wenn in dem Dorf 1500 ein Luder wohnte und 1600 nicht mehr, sondern 30 km weiter, dann sagt das nicht aus, dieser Luder ist dorthin "ausgewandert".
In meine Fallstudie z.B. habe ich einen FN der 1618 im Dorf vorkommt, aber ursprünglich (etwas anders geschrieben) aus einer nahe liegenden Stadt stammt (1550). Nun ist Landflucht zahlenmäßig höher verbreitet als Stadtflucht, aber es ist nicht auszuschließen, dass der Vorfahre vor 1550 in die Stadt gegangen war und nun, 1618, als sich irgend ein Parameter für dessen Nachkomme geänderte hatte, z.B. ein Erbe, dieser wieder auf das Land zog.
Ich will hier nicht in die Tiefe gehen (zu aufwendig).
Festzustellen bleib, die Materie ist so vielschichtig, dass aus einer so kurz geratenen Fallstudie im Grunde nichts abgeleitet werden kann.

Hendrik Kutzke
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Tekker
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Beitrag von Tekker »

Vielen Dank Hendrik, damit hast du die Sache sehr schön klargestellt. :yes:
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