du hast dich vorgedrängelt! - also ...
Fortsetzung:
alle zogen dann nach Ulm und um Ulm herum..
Bitterle
-
Tymberwolf
Re: BITTERLIS
... ja doch Irmgard, du meinst die Kreuzzüge 
Felix Fabri war Dominikaner in der Reichsstadt Ulm, wo er 1502 sechzigjährig im Kloster starb. Neben anderen Schriften hinterließ er unter dem Titel "Evagatorium" einen umfangreichen Bericht über zwei große Pilgerreisen, deren zweite (1483/84) ihn weit über das Heilige Land hinaus durch die Wüste zum Sinai und anschließende durch ganz Ägypten führte, worauf er von Alexandria eine gefahrvolle Heimfahrt antrat.
Das tagebuchartig angelegte Werk, das sich an einen bestimmten Personenkreis wendet, gibt nicht nur eine höchst lebendige Schilderung der abenteuerlichen Reise, sondern vor allem auch ein auf exakter Beobachtung beruhendes Bild der geographischen, religiösen und gesellschaftlichen Verhältnisse in den bereisten Ländern. Daneben stellt es mit zahlreichen historischen Rückblicken wie Abschweifungen in viele geistige Bereiche ein fesselndes Dokument des Übergangs vom Mittelalter zur Neuzeit dar.
Das lateinische Autograph des Evagatoriums ist erhalten geblieben und wird heute in der Stadtbibliothek Ulm aufbewahrt. In den Jahren 1843 bis 1849 wurde es von Konrad Dieterich Haßler editiert: Felix Fabri: Evagatorium in terrae sanctae, Arabiae et Egypti peregrinationem. 3 Bände. Stuttgart 1843-49. Bibliothek des literarischen Vereins. Bd 2-4.
Herbert Wiegandt hat das Evagatorium auf der Grundlage von Haßlers Edition ins Deutsche übersetzt. Eine Auswahl dieser Übersetzung ist 1996 erschienen: Felix Fabri: Galeere und Karawane. Bearbeitet und mit einem Nachwort versehen von Herbert Wiegandt. Stuttgart: Edition Erdmann 1996. Der vollständige Text wurde auf Veranlassung und Kosten der Stadtbibliothek Ulm elektronisch abgespeichert und in einem Exemplar ausgedruckt und gebunden, das dort präsent gehalten wird und jederzeit eingesehen werden kann. Die Vervielfältigungsrechte liegen bei der Stadtbibliothek Ulm.
Nachstehend folgen zwei Kostproben der Übersetzung, die nicht in die Auswahledition von 1996 aufgenommen worden sind. Die in Winkelklammern stehenden Zahlen verweisen auf die entsprechenden Stellen der Haßler'schen Edition.
Zug durch die Einöde und Erschrecken der Pilger.
Wir standen zwar früh auf, zogen aber erst spät weiter wegen des Fehlens von drei Kamelen. Man glaubte, sie seien gestohlen, aber als man ihren Spuren folgte, fand man sie allein an einem Platz, wo sie weideten. Als die Sonne aufgegangen war, wurden sie zurückgebracht und nachdem die Tiere beladen waren, verließen wir Helim und zogen auf der Staatsstraße durch weites ebenes Geländer hinab zum Ufer des Roten Meeres. Von hinten folgten uns einige mit Kamelen auf der Straße, die von Thor her führt, und wir fürchteten, es seien Räuber, weil sie schnell ritten und uns rasch näherkamen. Als sie aber bei uns angelangt waren, erblickten wir schön geschirrte Kamele und waren noch mehr in Furcht, da wir es wohl mit Höflingen zu tun hatten. Der Herr dieser Karawane war dick und stattlich ausstaffiert. Er drängte sich mit seinem Dromedar mitten unter uns und sprach, nachdem er jeden einzelnen von uns mit bösem Gesicht betrachtet hatte, gereizt zum Kalin: Wie kannst du, der du ein Sarazene bist, es wagen, Franken in Waffen durch das Reich des Sultans zu führen, daß sie wie Krieger auf der königlichen Straße daherziehen? <II, 522> Der Kalin antwortete ihm voller Ehrerbietung: Diese Leute sind Pilger und gekommen, die heiligen Stätten in unseren Ländern zu besuchen, sie wollen niemand beleidigen, niemand zu nahe treten und keinem Schaden zufügen. Als sie aber in Gaza oder vielmehr schon in Jerusalem hörten, daß in der Wüste verbrecherische Menschen herumschweifen mit der Absicht, wo sie könnten, das sichere Geleit des Herrn Sultan zu verletzten und Reisende auszuplündern und zu mißhandeln, sogar Vornehme aus Kairo, da erbaten sie sich mit starkem Mut vom Dragoman die Erlaubnis, Waffen zu tragen, damit sie, wenn sie auf solche stießen, die die ihnen durch die Gnade des Herrn Sultan gewährte Freiheit zunichte machen wollten, diese selbst vernichten und niederwerfen könnten. Aus diesem Grund aber kämen sie mit Schwertern am Gurt und mit Bogen bewaffnet daher. Als der Herr diese Antwort vernommen hatte, wandte er sich zu seinen Dienern um und sprach mit heiterem Ausdruck zu ihnen: schaut, diese Franken sind doch mutiger als die Ägypter, besäßen die Mauren, Sarazenen und Mamelucken diese Kühnheit, so wäre die Wüste längst von Räubern und Dieben gesäubert. So war der Mann also völlig zufrieden, er ließ uns durch den Kalin seinen freundlichen Gruß übermitteln und fragte ihn nach unserem Reiseweg, nach unserem Vaterland und unseren übrigen Umständen, wir aber wollten durch den Kalin von ihm wissen, ob Frachtschiffe aus Indien mit Gewürzen angekommen seien und ob diese nach Alexandria transportiert würden. Wir stellten diese Frage darum, weil wir hofften, samt solchen Gewürzen auf alexandrinischen Schiffen nach Italien fahren zu können. Der Mann aber verstand gleich, worum es uns ging, und gab uns ausführlich Antwort. Vor mehreren Tagen seien Indien-Schiffe in Thor angelangt und die Gewürze würden bereits auf Kamelen nach Ägypten bis Kairo gebracht, von dort kämen sie auf dem Nil nach Alexandria ans Große Meer und dort lägen schon Schiffe aus Venedig, die, wenn sie beladen seien, sogleich aufbrechen wollten. Als wir dies hörten, erschraken wir heftig und große Sorge befiel uns, die Schiffe könnten vor unserer Ankunft in Alexandria abfahren. Wenn aber dies passieren würde, dann müßten wir den Winter in Alexandria verbringen, was uns aufs äußerste zuwider wäre.
Dieser Herr zog uns darauf rasch voraus, wir aber folgten mit unseren Kamelen ziemlich langsam. Aber von dieser Stunde an waren wir voller Unruhe und begannen dem Kalin und den Treibern lästig zu werden, weil wir sie nun im Guten und Bösen ständig antrieben, schneller zu reiten und die Reise zu beschleunigen.
Der Weiterzug.
Am 18. Sonntag nach Trinitatis, standen wir drei Stunden vor Tagesanbruch auf und zogen nach Beladung der Kamele von dem Platz Wachya durch den engen Durchlaß, von dem ich auf S. 418 berichtete, erstiegen die Höhen des Sinai und kamen nach Machera, wo Moses die Schafe des Jethro weidete. In dem ausgebreiteten Gelände ließen wir den Weg, auf dem wir seinerzeit hergekommen waren, rechts liegen und stiegen nach links in eine Bach-Schlucht hinab, was trotz Unwegsamkeit angenehm war, weil sie vollstand mit Tamarisken und Buschwerk, von denen die Esel und Kamele beim Durchziehen Blätter, saftiges Grün abrissen und fraßen, und wir saugten den Saft aus den Blättern, denn er schmeckte wie Zucker und süßer Honig wie einst jenes Manna. Gegen Mittag stiegen wir aus der Schlucht in das Tal hinauf, in dem wir in der Oktav des St. Matthäus den Konflikt mit den Arabern hatten. <II, 511> Als wir den Bach überschritten, da kam plötzlich ungestüm und in wilden Galoppsprüngen ein Wildesel uns entgegen, als wolle er in unseren Zug hineinrennen, wir aber, die wir noch nie einen gesehen hatten, glaubten nichts anderes, als daß es ein zahmer Esel sei, und staunten über seine Schnelligkeit und Schönheit. Er kam aber gerannt, weil er unsere Esel sah, und ich glaube, daß er auf einen Besprung aus war, denn von Natur meiden sie die Gesellschaft von Menschen. Da aber verfolgte einer von den Arabern mit einem Bogen und Pfeilen das Tier listig von der Seite her und versuchte, es zu schießen. Aber es entfloh im ungünstigen Gelände, doch allmählich ließ es sich von dem Verfolger einholen, wie wenn es ihn hinter sich herziehen und ein Spiel mit ihm treiben wolle, als er aber schließlich nahegekommen war, spannte er seinen Bogen und verwundete das Tier, das sogleich den Pfeil abschüttelte und Hals über Kopf uns entschwand. Der Junge aber hob seinen Pfeil auf, dessen Spitze blutig war. Nicht lange darauf sahen wir fünf Wildesel zusammen zwischen den Felsen herumspringen. Die Eingeborenen erzählen viel über den "Onager". Dieser Wild- oder auch Waldesel ist schön, er hat einen schmaleren Kopf als der gewöhnliche Esel und ist ein freischweifendes, ungezähmtes und lüsternes Tier, das in den Bergen und einsamen Gegenden haust, es ist so schnell, daß es sich durch die Flucht dem Bären, Wolf und Löwen entziehen kann, und so wird es auch von den Alten unter die besonderen Götter gezählt, noch vor Diomedes, wie Eusebius in Lib. V, C. 13 von "de Evangelica Praeparatione" sagt. Länger als alle anderen Tiere hält es den Durst aus, ist es lange ohne Wasser, so lebt es vom Wind, den es auf den Felsen stehend einzieht, wie es bei Jeremia 14 heißt: Die Wildesel standen auf den Hügeln und schnappten nach der Luft wie die Drachen, und im Psalm 104, 11: Es warten die Wildesel in ihrem Durst. Die männlichen Wildesel haben Angst voreinander und sie sind eifersüchtig auf ihre Eselinnen, darum bewachen sie die Trächtigen, um die männlichen Neugeborenen mit einem Biß zu kastrieren. Um dem zu entgehen suchen die Trächtigen Schlupfwinkel auf und trachten heimlich zu gebären. Die Wildesel haben Freude an häufiger Geilheit und deshalb hassen die männlichen sich untereinander. Wenn einer keine Eselin hat zu der Zeit, da er begatten will, steigt er auf einen hohen Felsen und glühend vor Sehnsucht nach Lust schreit er so schrecklich, daß die anderen Tiere vor Schreck erzittern, dabei zieht er auch die Luft mit seinen Nüstern ein und kann dadurch wahrnehmen, wo sich die Eselin, die er begehrt, aufhält. Der Wildesel schreit derart zwölfmal bei Tag und zwölfmal bei Nacht, und die Wüstenbewohner unterscheiden daran die nächtlichen Stunden. Aus natürlicher Findigkeit tut er etwas, wenn ihn Hunde verfolgen: er scheidet Kot aus, <II, 512> der für sie wohlriechend ist, foppt so die dadurch Aufgehaltenen und entkommt in Sicherheit. Aus der Kreuzung von Wildesel und Pferdestute entsteht das schnelle Maultier, aber noch schneller sind die aus Wildesel und zahmer Eselin, diese sind die wertvollsten, auf ihnen reiten Fürsten und große Herren.
Gegen Sonnenuntergang kamen wir in eine trockene und öde Schlucht, von den Arabern Elphat genannt, wo wir unsere Zelte aufschlugen und übernachteten. Sie war so ausgedörrt, daß wir fürchteten, es gebe nichts zum Feuermachen, doch fand sich dann so viel, daß wir Wasser für Knödel heiß machen konnten.
Am 29. September, dem Michaelstag, standen wir wieder vor Tag auf und zogen durch die öden Täler, durch die wir gekommen waren, hinaus. Dabei hatten wir einen lästigen und anstrengenden Tag, denn wir mußten uns auf einem langwierigen Marsch in hartgetrocknetem Gelände nicht nur durch Sand, was zu ertragen gewesen wäre, sondern durch Staub und Asche fortbewegen. Wir wunderten uns nicht wenig, woher die enorme Menge von Staub und Asche kam, die über die ganze Gegend ausgebreitet lag, in der es doch keine menschlichen Wohnungen, kein Feuer und nichts Brennbares gab? Wir fanden darauf eine Antwort aus der Bibel: Als der Herr über alle Länder seinen Fluch verhängte über diese felsige Ödnis, da fügte er für sie noch diesen hinzu, daß vom Himmel weder Regenwasser noch Schnee noch Tau auf sie falle, sondern ein Regen von Staub und Asche, und er drohte ohne Zweifel auch dem Heiligen Land den gleichen Fluch an, wenn seine Bewohner wider seine Gebote verstießen. So spricht Deuteron 28, 24: Der Herr wird deinem Land einen Regen von Staub vom Himmel geben und Asche auf dich fallen lassen, bis du vertilgt bist. Und so tat es der Herr mit dem Ägypterland, als auf sein Geheiß Moses und Aaron Ruß aus dem Ofen nahmen und in die Luft warfen, worauf das ganze Land von Asche und Staub bedeckt wurde, und Asche lag auf dem Vieh wie auf den Menschen und zerfraß sie mit Geschwüren, wie es in Exodus 9 steht. Wir argwöhnten, daß dieser Teil der Wüste ebenfalls von der Plage geschlagen sei und hatten Angst, daß wir vielleicht ebenfalls Geschwüre bekommen könnten. Doch behütete uns Gott und wir blieben unversehrt in der Aschenregion.
Dann kamen wir in ein Tal, in dem wir ein Götzenbild in der Gestalt eines äthiopischen Knaben sahen, das in einer Felsenhöhlung stand. Die Araber spenden ihm mitunter Opfergaben und sie hätten es <II, 513> gern gesehen, wenn auch wir Geld bei ihm niedergelegt hätten, aber das wollten wir nicht. Einige von ihnen rissen von ihren Hemden kleine Fetzen ab und hängten sie vor dem Idol auf, wie sie es gewöhnlich an Orten tun, wo sie etwas Heiliges vermuten, siehe II, 410, 422. Worin aber dieser törichte Tuchfetzenkult seinen Ursprung haben mag, dazu könnte man sagen, daß, wie für manche nichts ehrwürdiger, edler und Gott wohlgefälliger erscheint als die Tierhäute, denen der Herr sich selbst, seine Geheimnisse wie das ganze Universum anvertraut, aus dem gleichen Grund auch alte, nutzlose Leintücher und Fetzen von Wäsche eine Bedeutung erhalten, in der ihnen nicht weniger anvertraut wird wie den Tierhäuten, dem Pergament und allem Papier, nämlich Göttliches und Menschliches, Himmlisches und Irdisches, Ewiges und Vergängliches, Gegenwärtiges und Zukünftiges, Sichtbares und Unsichtbares, Natürliches und Gottgegebenes, den Bereich des Glaubens und den der Erfahrung, das Vernünftige und das Übernatürliche und alles übrige, Gutes und Böses, wem man zu folgen und was man zu vermeiden hat - und so bringen vielleicht die Ungläubigen ihren Göttern etwas dar, von dem sie meinen, es enthalte solches.
Wir setzten unseren Zug fort bis zum Abend und schlugen dann an einem abstoßenden, von den Arabern Effkayl genannten Ort die Zelte auf. Als wir uns niederließen, kam uns wieder der Mangel an, vor allem merkten wir, daß uns Wasser fehlte, was uns über die Maßen lästig und unerträglich war, wir hatten kaum so viel, daß wir Suppe oder Knödelbrühe an diesem Abend kochen konnten. Da kam uns in den Sinn, wie üppig mit Fleisch, mit Gänsen und Geflügel es in fast allen Häusern unserer Heimat hergeht am Abend des Michaeltages, und glühend begannen wir uns zu sehnen nach den Fleischtöpfen, den Bratspießen, den Fischrosten und den Schüsseln für die warme Zukost. Es ging uns fast wie den Kindern Israel in der Wüste, als sie der Fülle Ägyptens gedachten und schrien nach Fleisch, Fisch, Zwiebeln, Knoblauch und Gurken, wie Exodus 16 und noch ausführlicher Num. 11 erzählt wird. Nur war unser Sehnen vergeblich, wir hatten ja keinen Moses, der uns Wachteln aus überseeischen Gegenden herangebracht hätte wie jenen, über die doch alsbald der Zorn Gottes herabfiel nach dem Psalm: Noch war der Bissen in ihrem Munde, da fiel der Zorn Gottes über sie etc. So hatten wir einen traurigen Michaelstag und danach eine unruhige Nacht wegen der Asche, die vom Wind umhergeweht wurde.
<II, 514>
Beschwerlicher Wassermangel.
Am Tag des St. Hieronymus, brachen wir gleich nach Mitternacht, vier Stunden vor Tag, auf und setzten den Marsch fort durch die weglose Ödnis über Berg und Tal, und als es schon hell geworden war, kamen wir in die Wüste Ramathaim, wo wir am 19. gerastet hatten, und an den Fuß des Bereichs von Rachkaym, wo wir kopfüber hinabgeritten waren, wovon ich S. 438 erzählte. Wir stiegen aber nicht wieder den Abhang zu jenem Berg hinauf, ritten vielmehr, Höhe verlierend, abwärts auf das Rote Meer zu, bogen von der Straße, auf der wir damals gekommen waren, ab und wandten uns in Richtung auf Ägypten. Unterdessen wurde uns der Wassermangel höchst unangenehm und wir beschwerten uns darüber beim Kalin, der unser Moses war, wie die Juden Exod. 17: Gib uns Wasser, daß wir trinken! Dieser antwortete, wenn wir Wasser haben wollten, so müßten wir uns ein Stück weit von der richtigen Straße und von den Kamelen entfernen, die man durch jenes unwegsame Gelände nicht führen könne. wir müßten Wasser haben, sagten wir, denn vom Sinai bis hier haben wir keines mehr gesehen und unsere Schläuche sind fast leer. Ein Araber, der sich in der Wüste uns angehängt hatte, sagte darauf zum Kalin, er kenne einen Platz mit vielen Brunnen und wolle uns dorthin führen. Wir ließen also die Kamele samt dem Kalin auf dem richtigen Weg zum Roten Meer weiterziehen und folgten jenem Araber in eine andere Richtung. Wir kamen aber mit ihm in eine schauerliche Schlucht mit hohen Felswänden auf beiden Seiten, durch die zu Zeiten Wasser sich so heftig ergießt, daß es große Steine mit sich reißt. Der Weg ging lang durch diese Schlucht und wir begannen, ängstlich zu werden, denn der Ort war höchst unwirtlich. Wir sprachen miteinander und wunderten uns über uns selbst, daß wir des Wassers wegen unsere ganze Habe auf den Kauml;melen wie unsere Führer, Esel- und Kameltreiber verlassen hatten und uns einem wildfremden Menschen anschlossen und ihm in diese Unwegsamkeit folgten. Gleichwohl schien dieser Araber uns allen ein gutartiger Mensch zu sein, so viel er konnte, gab er uns durch Gesten zu verstehen, daß er uns gefällig sein wolle, er rannte fröhlich voraus und zeigte uns die Höhe der Felsen und die Öde der Schlucht, als ob er selber darüber staune. Nach einer langen <II, 515> Strecke stiegen wir über Felsen aus der Schlucht hinauf und gelangten an eine Stelle voller Büsche und grüner Bäumchen und weiter auf einen sandigen freien Platz, auf dem wir viele frische Spuren von Menschen, Kamelen und Eseln eingedrückt wahrnahmen. Ringsum standen Büsche und Beersträucher, auf dem Platz selber aber waren zahlreiche Quellen und Wassergruben, als wir dies sahen, sprangen wir von unseren Eseln und waren hocherfreut über diese Entdeckung. Wir liefen zur nächsten Grube, ließen den Ledereimer, den unser Araber bei sich hatte, hinab und schöpften Wasser, das schlammig und trüb war, und als wir davon trinken wollten, schmeckte es äußerst salzig, wie wenn wir aus dem Meer geschöpft hätten. Auch unsere Esel konnten nichts davon saufen. Als wir darob unseren arabischen Führer mit bösen Gesichtern ansahen, als ob er uns gefoppt und umsonst herumgetrieben habe, da gab er uns Zeichen, wir würden noch andere Quellen antreffen und süßes Wasser finden. Wir gingen also zu einer anderen, das Wasser, das wir da schöpften, war zwar schal, aber doch nicht so bitter wie das vorige und so an allen herum, und fanden auch Wasser für die Tiere, aber für uns war keines brauchbar. Da aber begann der Araber zu graben und mit seinen Händen Sand aus einer trockenen, nicht sehr tiefen Grube heraus zu schaufeln, und als wir ein wenig gegraben hatten, begann zwar trübes, aber süßes Wasser hervorzusprudeln, und mit ihm füllten wir unsere Krüge und Schläuche, ohne auf seine trübe Farbe zu achten. So gräbt sich jeder, der diesen Platz kennt, sein eigenes Loch, denn das Grundwasser ist süß, aber wenn die Sonne heiß in die Gruben scheint, wird es salzig, und deshalb fanden wir in denen, die schon gegraben waren, nur Salzwasser. Wenn es aber tief gegrabene, von einer Mauer umgebene und so vor der Sonne geschützte Brunnen wären, so glaube ich, es hier gutes trinkbares Wasser gäbe. Es ist reichlich merkwürdig, woher dieser Sandboden das Wasser hat. Vom Meergott Neptun haben wir die wundersame Kunde, daß er, nachdem er die Tochter des Danaus in der Wüste von einem Satyrn befreit und mit ihr verkehrt hatte, an der Stelle der Vergewaltigung der Jungfrau mit seinem Dreizack auf die Erde schlug, worauf ein Quell entsprang. Hier aber hatten wir keinen Dreizack, nicht einmal eine Hacke, sondern mit unseren Händen gruben wir eine Quelle. Da fanden wir bitterstes Wasser in den Quellen, ähnlich dem aus der Exampeus genannten, die bei den Caliopaden liegt; sie strömt so bitteres Wasser aus, daß es den ganzen Fluß, in den es gelangt, bitter macht. Und umgekehrt gibt es die Quelle Alis, <II, 516> die, wenn man aus ihr trinkt, so süß schmeckt, daß man sich danach keinen anderen Trunk mehr wünscht. So fanden wir auch hier gleichermaßen süßes und bitteres Wasser.
Ich sah einmal bei uns zulande an einem Ort höchst erstaunliche Eigenschaften beim selben Wasser. Denn oberhalb von Koblenz nahe bei der Stadt Nassau entspringt aus einem Felsen bitteres heißes Wasser, aber aus den Rissen und Spalten desselben Felsens noch heißeres und bitteres, doch süßes kaltes findet man ebenfalls dort und ebenso kaltes bitteres, und dennoch fließt alles aus dem einen Felsen. Dieser Ort heißt Wasserems, in ihm gibt es Unterkunft für solche, die dort baden wollen, denn dieses Wasser ist heilkräftig.
Nachdem wir und die Tiere also unseren Durst gestillt hatten, brachen wir eilig auf, kamen wieder in dieselbe abschreckende Schlucht und nach längerem Ritt stiegen wir seitlich hinauf und sahen oben in der Ferne unsere Kamele dahinziehen. In eiligem Lauf folgten wir, aber als wir sie eingeholt hatten, war das Wasser in den Krügen warm geworden, ungenießbar und etwas salzig, denn sowie dieses Wasser Sonnenwärme aufnimmt, wird es durch sie bitter.
An diesem Tag bewegten wir uns in größter Sonnenhitze durch überaus öde und wachstumslose Schluchten, am Abend kamen wir in eine namens Laccrara und stellten die Zelte an einem steinigen Abhang auf, über den Felsen drohend herabhingen. Wir nahmen aber unsere Matratzen und trugen sie in eine große Höhle und ließen uns da nieder, denn wir hatten eine starke Abneigung gegen das Zelt und schliefen ungern darunter, weil wir, wenn wir da eng zusammenlagen, uns gegenseitig einer vom andern mit Läusen versorgten. Felsen, Steine und der Boden dieses Ortes waren schneeweiß, so daß wir von weißem Staub wie von Mehl bedeckt waren, als wären wir in einer heftig mahlenden Mühle gewesen. Als wir Reisig gesammelt und gekocht hatten, liefen unsere Geleitsleute und die Araber um unsere Zelte herum und baten uns um Eier, Backwerk und anderes Eßbares, denn sie hatten an diesem Abend nichts oder nur wenig gegessen. Der Grund dafür wird sogleich klar werden.
Felix Fabri war Dominikaner in der Reichsstadt Ulm, wo er 1502 sechzigjährig im Kloster starb. Neben anderen Schriften hinterließ er unter dem Titel "Evagatorium" einen umfangreichen Bericht über zwei große Pilgerreisen, deren zweite (1483/84) ihn weit über das Heilige Land hinaus durch die Wüste zum Sinai und anschließende durch ganz Ägypten führte, worauf er von Alexandria eine gefahrvolle Heimfahrt antrat.
Das tagebuchartig angelegte Werk, das sich an einen bestimmten Personenkreis wendet, gibt nicht nur eine höchst lebendige Schilderung der abenteuerlichen Reise, sondern vor allem auch ein auf exakter Beobachtung beruhendes Bild der geographischen, religiösen und gesellschaftlichen Verhältnisse in den bereisten Ländern. Daneben stellt es mit zahlreichen historischen Rückblicken wie Abschweifungen in viele geistige Bereiche ein fesselndes Dokument des Übergangs vom Mittelalter zur Neuzeit dar.
Das lateinische Autograph des Evagatoriums ist erhalten geblieben und wird heute in der Stadtbibliothek Ulm aufbewahrt. In den Jahren 1843 bis 1849 wurde es von Konrad Dieterich Haßler editiert: Felix Fabri: Evagatorium in terrae sanctae, Arabiae et Egypti peregrinationem. 3 Bände. Stuttgart 1843-49. Bibliothek des literarischen Vereins. Bd 2-4.
Herbert Wiegandt hat das Evagatorium auf der Grundlage von Haßlers Edition ins Deutsche übersetzt. Eine Auswahl dieser Übersetzung ist 1996 erschienen: Felix Fabri: Galeere und Karawane. Bearbeitet und mit einem Nachwort versehen von Herbert Wiegandt. Stuttgart: Edition Erdmann 1996. Der vollständige Text wurde auf Veranlassung und Kosten der Stadtbibliothek Ulm elektronisch abgespeichert und in einem Exemplar ausgedruckt und gebunden, das dort präsent gehalten wird und jederzeit eingesehen werden kann. Die Vervielfältigungsrechte liegen bei der Stadtbibliothek Ulm.
Nachstehend folgen zwei Kostproben der Übersetzung, die nicht in die Auswahledition von 1996 aufgenommen worden sind. Die in Winkelklammern stehenden Zahlen verweisen auf die entsprechenden Stellen der Haßler'schen Edition.
Zug durch die Einöde und Erschrecken der Pilger.
Wir standen zwar früh auf, zogen aber erst spät weiter wegen des Fehlens von drei Kamelen. Man glaubte, sie seien gestohlen, aber als man ihren Spuren folgte, fand man sie allein an einem Platz, wo sie weideten. Als die Sonne aufgegangen war, wurden sie zurückgebracht und nachdem die Tiere beladen waren, verließen wir Helim und zogen auf der Staatsstraße durch weites ebenes Geländer hinab zum Ufer des Roten Meeres. Von hinten folgten uns einige mit Kamelen auf der Straße, die von Thor her führt, und wir fürchteten, es seien Räuber, weil sie schnell ritten und uns rasch näherkamen. Als sie aber bei uns angelangt waren, erblickten wir schön geschirrte Kamele und waren noch mehr in Furcht, da wir es wohl mit Höflingen zu tun hatten. Der Herr dieser Karawane war dick und stattlich ausstaffiert. Er drängte sich mit seinem Dromedar mitten unter uns und sprach, nachdem er jeden einzelnen von uns mit bösem Gesicht betrachtet hatte, gereizt zum Kalin: Wie kannst du, der du ein Sarazene bist, es wagen, Franken in Waffen durch das Reich des Sultans zu führen, daß sie wie Krieger auf der königlichen Straße daherziehen? <II, 522> Der Kalin antwortete ihm voller Ehrerbietung: Diese Leute sind Pilger und gekommen, die heiligen Stätten in unseren Ländern zu besuchen, sie wollen niemand beleidigen, niemand zu nahe treten und keinem Schaden zufügen. Als sie aber in Gaza oder vielmehr schon in Jerusalem hörten, daß in der Wüste verbrecherische Menschen herumschweifen mit der Absicht, wo sie könnten, das sichere Geleit des Herrn Sultan zu verletzten und Reisende auszuplündern und zu mißhandeln, sogar Vornehme aus Kairo, da erbaten sie sich mit starkem Mut vom Dragoman die Erlaubnis, Waffen zu tragen, damit sie, wenn sie auf solche stießen, die die ihnen durch die Gnade des Herrn Sultan gewährte Freiheit zunichte machen wollten, diese selbst vernichten und niederwerfen könnten. Aus diesem Grund aber kämen sie mit Schwertern am Gurt und mit Bogen bewaffnet daher. Als der Herr diese Antwort vernommen hatte, wandte er sich zu seinen Dienern um und sprach mit heiterem Ausdruck zu ihnen: schaut, diese Franken sind doch mutiger als die Ägypter, besäßen die Mauren, Sarazenen und Mamelucken diese Kühnheit, so wäre die Wüste längst von Räubern und Dieben gesäubert. So war der Mann also völlig zufrieden, er ließ uns durch den Kalin seinen freundlichen Gruß übermitteln und fragte ihn nach unserem Reiseweg, nach unserem Vaterland und unseren übrigen Umständen, wir aber wollten durch den Kalin von ihm wissen, ob Frachtschiffe aus Indien mit Gewürzen angekommen seien und ob diese nach Alexandria transportiert würden. Wir stellten diese Frage darum, weil wir hofften, samt solchen Gewürzen auf alexandrinischen Schiffen nach Italien fahren zu können. Der Mann aber verstand gleich, worum es uns ging, und gab uns ausführlich Antwort. Vor mehreren Tagen seien Indien-Schiffe in Thor angelangt und die Gewürze würden bereits auf Kamelen nach Ägypten bis Kairo gebracht, von dort kämen sie auf dem Nil nach Alexandria ans Große Meer und dort lägen schon Schiffe aus Venedig, die, wenn sie beladen seien, sogleich aufbrechen wollten. Als wir dies hörten, erschraken wir heftig und große Sorge befiel uns, die Schiffe könnten vor unserer Ankunft in Alexandria abfahren. Wenn aber dies passieren würde, dann müßten wir den Winter in Alexandria verbringen, was uns aufs äußerste zuwider wäre.
Dieser Herr zog uns darauf rasch voraus, wir aber folgten mit unseren Kamelen ziemlich langsam. Aber von dieser Stunde an waren wir voller Unruhe und begannen dem Kalin und den Treibern lästig zu werden, weil wir sie nun im Guten und Bösen ständig antrieben, schneller zu reiten und die Reise zu beschleunigen.
Der Weiterzug.
Am 18. Sonntag nach Trinitatis, standen wir drei Stunden vor Tagesanbruch auf und zogen nach Beladung der Kamele von dem Platz Wachya durch den engen Durchlaß, von dem ich auf S. 418 berichtete, erstiegen die Höhen des Sinai und kamen nach Machera, wo Moses die Schafe des Jethro weidete. In dem ausgebreiteten Gelände ließen wir den Weg, auf dem wir seinerzeit hergekommen waren, rechts liegen und stiegen nach links in eine Bach-Schlucht hinab, was trotz Unwegsamkeit angenehm war, weil sie vollstand mit Tamarisken und Buschwerk, von denen die Esel und Kamele beim Durchziehen Blätter, saftiges Grün abrissen und fraßen, und wir saugten den Saft aus den Blättern, denn er schmeckte wie Zucker und süßer Honig wie einst jenes Manna. Gegen Mittag stiegen wir aus der Schlucht in das Tal hinauf, in dem wir in der Oktav des St. Matthäus den Konflikt mit den Arabern hatten. <II, 511> Als wir den Bach überschritten, da kam plötzlich ungestüm und in wilden Galoppsprüngen ein Wildesel uns entgegen, als wolle er in unseren Zug hineinrennen, wir aber, die wir noch nie einen gesehen hatten, glaubten nichts anderes, als daß es ein zahmer Esel sei, und staunten über seine Schnelligkeit und Schönheit. Er kam aber gerannt, weil er unsere Esel sah, und ich glaube, daß er auf einen Besprung aus war, denn von Natur meiden sie die Gesellschaft von Menschen. Da aber verfolgte einer von den Arabern mit einem Bogen und Pfeilen das Tier listig von der Seite her und versuchte, es zu schießen. Aber es entfloh im ungünstigen Gelände, doch allmählich ließ es sich von dem Verfolger einholen, wie wenn es ihn hinter sich herziehen und ein Spiel mit ihm treiben wolle, als er aber schließlich nahegekommen war, spannte er seinen Bogen und verwundete das Tier, das sogleich den Pfeil abschüttelte und Hals über Kopf uns entschwand. Der Junge aber hob seinen Pfeil auf, dessen Spitze blutig war. Nicht lange darauf sahen wir fünf Wildesel zusammen zwischen den Felsen herumspringen. Die Eingeborenen erzählen viel über den "Onager". Dieser Wild- oder auch Waldesel ist schön, er hat einen schmaleren Kopf als der gewöhnliche Esel und ist ein freischweifendes, ungezähmtes und lüsternes Tier, das in den Bergen und einsamen Gegenden haust, es ist so schnell, daß es sich durch die Flucht dem Bären, Wolf und Löwen entziehen kann, und so wird es auch von den Alten unter die besonderen Götter gezählt, noch vor Diomedes, wie Eusebius in Lib. V, C. 13 von "de Evangelica Praeparatione" sagt. Länger als alle anderen Tiere hält es den Durst aus, ist es lange ohne Wasser, so lebt es vom Wind, den es auf den Felsen stehend einzieht, wie es bei Jeremia 14 heißt: Die Wildesel standen auf den Hügeln und schnappten nach der Luft wie die Drachen, und im Psalm 104, 11: Es warten die Wildesel in ihrem Durst. Die männlichen Wildesel haben Angst voreinander und sie sind eifersüchtig auf ihre Eselinnen, darum bewachen sie die Trächtigen, um die männlichen Neugeborenen mit einem Biß zu kastrieren. Um dem zu entgehen suchen die Trächtigen Schlupfwinkel auf und trachten heimlich zu gebären. Die Wildesel haben Freude an häufiger Geilheit und deshalb hassen die männlichen sich untereinander. Wenn einer keine Eselin hat zu der Zeit, da er begatten will, steigt er auf einen hohen Felsen und glühend vor Sehnsucht nach Lust schreit er so schrecklich, daß die anderen Tiere vor Schreck erzittern, dabei zieht er auch die Luft mit seinen Nüstern ein und kann dadurch wahrnehmen, wo sich die Eselin, die er begehrt, aufhält. Der Wildesel schreit derart zwölfmal bei Tag und zwölfmal bei Nacht, und die Wüstenbewohner unterscheiden daran die nächtlichen Stunden. Aus natürlicher Findigkeit tut er etwas, wenn ihn Hunde verfolgen: er scheidet Kot aus, <II, 512> der für sie wohlriechend ist, foppt so die dadurch Aufgehaltenen und entkommt in Sicherheit. Aus der Kreuzung von Wildesel und Pferdestute entsteht das schnelle Maultier, aber noch schneller sind die aus Wildesel und zahmer Eselin, diese sind die wertvollsten, auf ihnen reiten Fürsten und große Herren.
Gegen Sonnenuntergang kamen wir in eine trockene und öde Schlucht, von den Arabern Elphat genannt, wo wir unsere Zelte aufschlugen und übernachteten. Sie war so ausgedörrt, daß wir fürchteten, es gebe nichts zum Feuermachen, doch fand sich dann so viel, daß wir Wasser für Knödel heiß machen konnten.
Am 29. September, dem Michaelstag, standen wir wieder vor Tag auf und zogen durch die öden Täler, durch die wir gekommen waren, hinaus. Dabei hatten wir einen lästigen und anstrengenden Tag, denn wir mußten uns auf einem langwierigen Marsch in hartgetrocknetem Gelände nicht nur durch Sand, was zu ertragen gewesen wäre, sondern durch Staub und Asche fortbewegen. Wir wunderten uns nicht wenig, woher die enorme Menge von Staub und Asche kam, die über die ganze Gegend ausgebreitet lag, in der es doch keine menschlichen Wohnungen, kein Feuer und nichts Brennbares gab? Wir fanden darauf eine Antwort aus der Bibel: Als der Herr über alle Länder seinen Fluch verhängte über diese felsige Ödnis, da fügte er für sie noch diesen hinzu, daß vom Himmel weder Regenwasser noch Schnee noch Tau auf sie falle, sondern ein Regen von Staub und Asche, und er drohte ohne Zweifel auch dem Heiligen Land den gleichen Fluch an, wenn seine Bewohner wider seine Gebote verstießen. So spricht Deuteron 28, 24: Der Herr wird deinem Land einen Regen von Staub vom Himmel geben und Asche auf dich fallen lassen, bis du vertilgt bist. Und so tat es der Herr mit dem Ägypterland, als auf sein Geheiß Moses und Aaron Ruß aus dem Ofen nahmen und in die Luft warfen, worauf das ganze Land von Asche und Staub bedeckt wurde, und Asche lag auf dem Vieh wie auf den Menschen und zerfraß sie mit Geschwüren, wie es in Exodus 9 steht. Wir argwöhnten, daß dieser Teil der Wüste ebenfalls von der Plage geschlagen sei und hatten Angst, daß wir vielleicht ebenfalls Geschwüre bekommen könnten. Doch behütete uns Gott und wir blieben unversehrt in der Aschenregion.
Dann kamen wir in ein Tal, in dem wir ein Götzenbild in der Gestalt eines äthiopischen Knaben sahen, das in einer Felsenhöhlung stand. Die Araber spenden ihm mitunter Opfergaben und sie hätten es <II, 513> gern gesehen, wenn auch wir Geld bei ihm niedergelegt hätten, aber das wollten wir nicht. Einige von ihnen rissen von ihren Hemden kleine Fetzen ab und hängten sie vor dem Idol auf, wie sie es gewöhnlich an Orten tun, wo sie etwas Heiliges vermuten, siehe II, 410, 422. Worin aber dieser törichte Tuchfetzenkult seinen Ursprung haben mag, dazu könnte man sagen, daß, wie für manche nichts ehrwürdiger, edler und Gott wohlgefälliger erscheint als die Tierhäute, denen der Herr sich selbst, seine Geheimnisse wie das ganze Universum anvertraut, aus dem gleichen Grund auch alte, nutzlose Leintücher und Fetzen von Wäsche eine Bedeutung erhalten, in der ihnen nicht weniger anvertraut wird wie den Tierhäuten, dem Pergament und allem Papier, nämlich Göttliches und Menschliches, Himmlisches und Irdisches, Ewiges und Vergängliches, Gegenwärtiges und Zukünftiges, Sichtbares und Unsichtbares, Natürliches und Gottgegebenes, den Bereich des Glaubens und den der Erfahrung, das Vernünftige und das Übernatürliche und alles übrige, Gutes und Böses, wem man zu folgen und was man zu vermeiden hat - und so bringen vielleicht die Ungläubigen ihren Göttern etwas dar, von dem sie meinen, es enthalte solches.
Wir setzten unseren Zug fort bis zum Abend und schlugen dann an einem abstoßenden, von den Arabern Effkayl genannten Ort die Zelte auf. Als wir uns niederließen, kam uns wieder der Mangel an, vor allem merkten wir, daß uns Wasser fehlte, was uns über die Maßen lästig und unerträglich war, wir hatten kaum so viel, daß wir Suppe oder Knödelbrühe an diesem Abend kochen konnten. Da kam uns in den Sinn, wie üppig mit Fleisch, mit Gänsen und Geflügel es in fast allen Häusern unserer Heimat hergeht am Abend des Michaeltages, und glühend begannen wir uns zu sehnen nach den Fleischtöpfen, den Bratspießen, den Fischrosten und den Schüsseln für die warme Zukost. Es ging uns fast wie den Kindern Israel in der Wüste, als sie der Fülle Ägyptens gedachten und schrien nach Fleisch, Fisch, Zwiebeln, Knoblauch und Gurken, wie Exodus 16 und noch ausführlicher Num. 11 erzählt wird. Nur war unser Sehnen vergeblich, wir hatten ja keinen Moses, der uns Wachteln aus überseeischen Gegenden herangebracht hätte wie jenen, über die doch alsbald der Zorn Gottes herabfiel nach dem Psalm: Noch war der Bissen in ihrem Munde, da fiel der Zorn Gottes über sie etc. So hatten wir einen traurigen Michaelstag und danach eine unruhige Nacht wegen der Asche, die vom Wind umhergeweht wurde.
<II, 514>
Beschwerlicher Wassermangel.
Am Tag des St. Hieronymus, brachen wir gleich nach Mitternacht, vier Stunden vor Tag, auf und setzten den Marsch fort durch die weglose Ödnis über Berg und Tal, und als es schon hell geworden war, kamen wir in die Wüste Ramathaim, wo wir am 19. gerastet hatten, und an den Fuß des Bereichs von Rachkaym, wo wir kopfüber hinabgeritten waren, wovon ich S. 438 erzählte. Wir stiegen aber nicht wieder den Abhang zu jenem Berg hinauf, ritten vielmehr, Höhe verlierend, abwärts auf das Rote Meer zu, bogen von der Straße, auf der wir damals gekommen waren, ab und wandten uns in Richtung auf Ägypten. Unterdessen wurde uns der Wassermangel höchst unangenehm und wir beschwerten uns darüber beim Kalin, der unser Moses war, wie die Juden Exod. 17: Gib uns Wasser, daß wir trinken! Dieser antwortete, wenn wir Wasser haben wollten, so müßten wir uns ein Stück weit von der richtigen Straße und von den Kamelen entfernen, die man durch jenes unwegsame Gelände nicht führen könne. wir müßten Wasser haben, sagten wir, denn vom Sinai bis hier haben wir keines mehr gesehen und unsere Schläuche sind fast leer. Ein Araber, der sich in der Wüste uns angehängt hatte, sagte darauf zum Kalin, er kenne einen Platz mit vielen Brunnen und wolle uns dorthin führen. Wir ließen also die Kamele samt dem Kalin auf dem richtigen Weg zum Roten Meer weiterziehen und folgten jenem Araber in eine andere Richtung. Wir kamen aber mit ihm in eine schauerliche Schlucht mit hohen Felswänden auf beiden Seiten, durch die zu Zeiten Wasser sich so heftig ergießt, daß es große Steine mit sich reißt. Der Weg ging lang durch diese Schlucht und wir begannen, ängstlich zu werden, denn der Ort war höchst unwirtlich. Wir sprachen miteinander und wunderten uns über uns selbst, daß wir des Wassers wegen unsere ganze Habe auf den Kauml;melen wie unsere Führer, Esel- und Kameltreiber verlassen hatten und uns einem wildfremden Menschen anschlossen und ihm in diese Unwegsamkeit folgten. Gleichwohl schien dieser Araber uns allen ein gutartiger Mensch zu sein, so viel er konnte, gab er uns durch Gesten zu verstehen, daß er uns gefällig sein wolle, er rannte fröhlich voraus und zeigte uns die Höhe der Felsen und die Öde der Schlucht, als ob er selber darüber staune. Nach einer langen <II, 515> Strecke stiegen wir über Felsen aus der Schlucht hinauf und gelangten an eine Stelle voller Büsche und grüner Bäumchen und weiter auf einen sandigen freien Platz, auf dem wir viele frische Spuren von Menschen, Kamelen und Eseln eingedrückt wahrnahmen. Ringsum standen Büsche und Beersträucher, auf dem Platz selber aber waren zahlreiche Quellen und Wassergruben, als wir dies sahen, sprangen wir von unseren Eseln und waren hocherfreut über diese Entdeckung. Wir liefen zur nächsten Grube, ließen den Ledereimer, den unser Araber bei sich hatte, hinab und schöpften Wasser, das schlammig und trüb war, und als wir davon trinken wollten, schmeckte es äußerst salzig, wie wenn wir aus dem Meer geschöpft hätten. Auch unsere Esel konnten nichts davon saufen. Als wir darob unseren arabischen Führer mit bösen Gesichtern ansahen, als ob er uns gefoppt und umsonst herumgetrieben habe, da gab er uns Zeichen, wir würden noch andere Quellen antreffen und süßes Wasser finden. Wir gingen also zu einer anderen, das Wasser, das wir da schöpften, war zwar schal, aber doch nicht so bitter wie das vorige und so an allen herum, und fanden auch Wasser für die Tiere, aber für uns war keines brauchbar. Da aber begann der Araber zu graben und mit seinen Händen Sand aus einer trockenen, nicht sehr tiefen Grube heraus zu schaufeln, und als wir ein wenig gegraben hatten, begann zwar trübes, aber süßes Wasser hervorzusprudeln, und mit ihm füllten wir unsere Krüge und Schläuche, ohne auf seine trübe Farbe zu achten. So gräbt sich jeder, der diesen Platz kennt, sein eigenes Loch, denn das Grundwasser ist süß, aber wenn die Sonne heiß in die Gruben scheint, wird es salzig, und deshalb fanden wir in denen, die schon gegraben waren, nur Salzwasser. Wenn es aber tief gegrabene, von einer Mauer umgebene und so vor der Sonne geschützte Brunnen wären, so glaube ich, es hier gutes trinkbares Wasser gäbe. Es ist reichlich merkwürdig, woher dieser Sandboden das Wasser hat. Vom Meergott Neptun haben wir die wundersame Kunde, daß er, nachdem er die Tochter des Danaus in der Wüste von einem Satyrn befreit und mit ihr verkehrt hatte, an der Stelle der Vergewaltigung der Jungfrau mit seinem Dreizack auf die Erde schlug, worauf ein Quell entsprang. Hier aber hatten wir keinen Dreizack, nicht einmal eine Hacke, sondern mit unseren Händen gruben wir eine Quelle. Da fanden wir bitterstes Wasser in den Quellen, ähnlich dem aus der Exampeus genannten, die bei den Caliopaden liegt; sie strömt so bitteres Wasser aus, daß es den ganzen Fluß, in den es gelangt, bitter macht. Und umgekehrt gibt es die Quelle Alis, <II, 516> die, wenn man aus ihr trinkt, so süß schmeckt, daß man sich danach keinen anderen Trunk mehr wünscht. So fanden wir auch hier gleichermaßen süßes und bitteres Wasser.
Ich sah einmal bei uns zulande an einem Ort höchst erstaunliche Eigenschaften beim selben Wasser. Denn oberhalb von Koblenz nahe bei der Stadt Nassau entspringt aus einem Felsen bitteres heißes Wasser, aber aus den Rissen und Spalten desselben Felsens noch heißeres und bitteres, doch süßes kaltes findet man ebenfalls dort und ebenso kaltes bitteres, und dennoch fließt alles aus dem einen Felsen. Dieser Ort heißt Wasserems, in ihm gibt es Unterkunft für solche, die dort baden wollen, denn dieses Wasser ist heilkräftig.
Nachdem wir und die Tiere also unseren Durst gestillt hatten, brachen wir eilig auf, kamen wieder in dieselbe abschreckende Schlucht und nach längerem Ritt stiegen wir seitlich hinauf und sahen oben in der Ferne unsere Kamele dahinziehen. In eiligem Lauf folgten wir, aber als wir sie eingeholt hatten, war das Wasser in den Krügen warm geworden, ungenießbar und etwas salzig, denn sowie dieses Wasser Sonnenwärme aufnimmt, wird es durch sie bitter.
An diesem Tag bewegten wir uns in größter Sonnenhitze durch überaus öde und wachstumslose Schluchten, am Abend kamen wir in eine namens Laccrara und stellten die Zelte an einem steinigen Abhang auf, über den Felsen drohend herabhingen. Wir nahmen aber unsere Matratzen und trugen sie in eine große Höhle und ließen uns da nieder, denn wir hatten eine starke Abneigung gegen das Zelt und schliefen ungern darunter, weil wir, wenn wir da eng zusammenlagen, uns gegenseitig einer vom andern mit Läusen versorgten. Felsen, Steine und der Boden dieses Ortes waren schneeweiß, so daß wir von weißem Staub wie von Mehl bedeckt waren, als wären wir in einer heftig mahlenden Mühle gewesen. Als wir Reisig gesammelt und gekocht hatten, liefen unsere Geleitsleute und die Araber um unsere Zelte herum und baten uns um Eier, Backwerk und anderes Eßbares, denn sie hatten an diesem Abend nichts oder nur wenig gegessen. Der Grund dafür wird sogleich klar werden.
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Irma
Re: BITTERLIS
meinst, ich les das alles? das überflieg ich nur..
(ich hab schon 36° aufm Thermometer - halt das Bier kalt!)
interessant... Bitterle / Bitterlis / Bütt???? bader... baden...ch sah einmal bei uns zulande an einem Ort höchst erstaunliche Eigenschaften beim selben Wasser. Denn oberhalb von Koblenz nahe bei der Stadt Nassau entspringt aus einem Felsen bitteres heißes Wasser, aber aus den Rissen und Spalten desselben Felsens noch heißeres und bitteres, doch süßes kaltes findet man ebenfalls dort und ebenso kaltes bitteres, und dennoch fließt alles aus dem einen Felsen. Dieser Ort heißt Wasserems, in ihm gibt es Unterkunft für solche, die dort baden wollen, denn dieses Wasser ist heilkräftig.
(ich hab schon 36° aufm Thermometer - halt das Bier kalt!)
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Tymberwolf
Re: BITTERBIER
ohne WorteIrma hat geschrieben: (ich hab schon 36° aufm Thermometer - halt das Bier kalt!)

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Irma
Re: BITTE BIER
hast mich beobachtet oder dich geschminkt? is bestimmt nur Bitburger drin.. 