Susemil, Susemiehl

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Hendrik_Kutzke
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Susemil, Susemiehl

Beitrag von Hendrik_Kutzke »

Aus gegebenen Anlass folgender Beitrag:

Die These zum FN SUSEMI(E)(H)L von Dr. Peter Chr. Clemens.

Zitat:
Bekanntlich gehören nicht z.B. alle MÜLLERs zusammen.
Denn als um 1300 die Nachnamen geschaffen wurden, wurden sie nach irgendwelchen
Merkmalen gegeben. Wenn im Dorf drei Johanns waren und der eine war der Sohn vom Müller, dann wurde er ohnehin Müllers Johann genannt, die Familie bekam den Nachnamen MÜLLER. Das geschah in einem Dorf in Bayern zur selben Zeit wie in einem Dorf in Holstein. Die MÜLLERs in Bayern und die MÜLLERs in Holstein gehören nicht zur selben Familie, obwohl sie den gleichen Namen tragen. Bei den mehreren SUSEMI(E)(H)L-Forschern auf der Welt, einschließlich mir, ist aber unbestritten, dass alle SUSEMI(E)(H)Ls zusammengehören.
Die Slawen siedelten sehr weit, weit über Deutschland und Polen nach Osten hinaus. Unter den Slawen gab es einen Stamm, die Wenden, die im Kern in Mecklenburg siedelten, insgesamt von Ostholstein bis Danzig. Der Name SUSEMI(E)(H)L ist unbestritten hergeleitet von dem wendischen CU(D)ZO-MIL. Das erste Wort heißt ‚fremd' und das zweite heißt ‚lieb'. Das sind die Leute, die die Fremde lieben, oder die, wenn sie in der Fremde sind, dann geliebt werden. In jedem Fall also solche, die in der Fremde gut anpassungsfähig sind.
Und tatsächlich lebt die Mehrheit der SUSEMI(E)(H)Ls nicht mehr im deutschsprachigen Raum. Viele schon seit mehreren Generationen, die heute Lebenden sprechen kein Deutsch mehr.
Die sehr vielen wendischen CU(D)ZO-MILs hatten, als die Germanisierung des slawischen Raumes eintrat, ihren Namen in etwas im Deutschen umgewandelt, das dem Klang nach dem CU(D)ZO-MIL ähnlich war, aber im Deutschen irgendeinen Sinn zu geben schien, z.B. "SÜßMEHL", "SUSEMICHEL", "SÜßMILCH". Die SUSEMI(E)(H)L-Forscher sind sich einig, dass nur einer so abstrus gewesen sein kann, CU(D)ZO-MIL in SUSEMI(E)(H)L umzuschreiben, in ein im Deutschen sinnloses Wort. Hierauf gründet sich die einmütige Überzeugung, dass alle SUSEMI(E)(H)Ls zur selben Familie gehören.

Zur These von Peter Clemens schrieb ich 2001 folgendes:

Lieber Peter,

zur Namendeutung SUSEMIL möchte ich einige Anmerkungen geben.
> 0 SUSEMI(E)(H)L:
> Slavic=Slawisch Cudzo-mil (="fremd-lieb" ="der Fremdes liebt"
> = "who loves alien events": Thus some SUSEMIHLs HAD to go abroad?).

> With the region the name was Germanized: usually to Sußemehl,
> Susemichel, Süßmilch etc, only once (in Mecklenburg) to SUSEMIHL.
> SUSEMIHL ist eine Eindeutschung des wendisch-slawischen Cu(d)zo-mil
> [lies Zu(d)somil] bzw. des obotritischen cuzy = fremd und milu = lieb,
> übliche Eindeutschungen waren z.B. Susemichel, Süßmilch.
> Die Eindeutschung SUSEMIHL ist so sehr ungewöhnlich,
> daß sie nur ein einziges Mal genau so passiert sein kann.
> Und dies passierte in Mecklenburg.

Das bezweifle ich stark!
Süßmilch und Susemichel besitzen m. E. eine eigene Entwicklungsgeschichte,
der Spagat zu SUSEMIL ist ein gewaltiger.

Aber bevor ich im Einzelnen darauf eingehe möchte ich meine grundsätzliche
Ansicht zum Thema Namensdeutung geben:
Die Deutung sollte immer unter den Vorbehalten, die uns jede etymologische
Deutung auferlegt, erfolgen. Es gibt keine klare eindeutige Deutung, und
meistens sind mehrere Deutungen zulässig.

Diesen Grundsatz im Hintergrund will ich die Deutung zu SUSEMIL angehen.
Wenn ich der Deutung ausgehend von Cudzo = Fremd und mil = lieb folge,
(im mecklenburgischen sicher denkbar),
so ist dies EINE Möglichkeit der Namendeutung,
allerdings scheint mir der Ansatz fragwürdig.
Zeitlich dürfen wir CU(D)ZO mindestens vor 1300 platzieren,
wahrscheinlich aber noch wesentlich früher.

Ich ging bisher davon aus, dass eine Variante des Namens
SUSEMIL sich aus dem wendischen Vornamen SUSOMIL
entwickelt hat.
Die Bedeutung dazu ist, SUSOMIL = "der die Fremde liebt",
also vergleichbar mit dem BOGUMIL = "der Gott liebt".
Hier gibt es also schon eine (kleine?) Differenz zu deiner
Deutung SUSEMIL = " der Fremdes liebt".

Die Deutung Cu(d)zo-mil [lies Zu(d)somil] bzw.
des obotritischen cuzy = fremd und milu = lieb,
ist nachvollziehbar und sicherlich auch möglich.
Ob sich allerdings der PN SOSUMIL daraus speist ist m. E.
nicht sicher.
Noch unsicherer ist jedoch, ob der FN SUSEMIL sich aus
dieser Quelle entwickelt hat.
Denkbar sind hier auch einige andere Entwicklungen.

Zunächst würde ich diesen Ansatz hinterfragen wollen.
Wieso wurde das wendische Stammwort CUDZO gewählt?
In welchen Zeitraster wurde die Namenbildung betrachtet?
Warum wurde für die Erstsilbe die Schallwurzel (CUDZO = ZUDSO)
angesetzt und die Zweitsilbe 1:1 übernommen.

Einfacher dürfte es doch sein die "klassische" Namendeutung aus
dem wendischen PN SUSOMIL in der Bedeutung "der die Fremde liebt"
anzusetzen.

Völlig daneben liegt die Annahme SÜSSMILCH und SUSEMICHEL
sei eine Eindeutschung von SUSEMIL.
SUSEMICHEL ist im Süddeutschen Raum in der Namenentwicklung
bezeugt. Auch SÜSSMILCH u.a. sind im Deutschen nachgewiesen.
Beide Namen haben eigenständige Entwicklungen.

Die einzige "Sicherheit" die ich sehe ist, der Name ist norddeutsch.
Und da frage ich mich, ob die Annahme es liegt ein slaw. Stamm vor
die richtige ist.
Möglichkeiten einer anderen Deutung gibt es zu Hauf,
z.B. die Deutung in Richtung eines Berufes wie Bäcker oder Müller.

Auch die "klassische" Etymologie bietet nicht die Sicherheit,
dass damit die einzige und authentische Erklärung vorliegt.
Ich will es an einem Beispiel zeigen, das ähnlich gelagert liegt
wie SUSEMIL in Mecklenburg.
Der FN LESSING ( Gottlieb E. Lessing ) wurde bisher in der
Etymologie aus dem slaw. Wort "les" = "Wald" abgeleitet.
Diese Deutung ist jedoch zu kurz gedacht.
Was nicht berücksichtigt worden ist, ist die landschaftliche Komponente.
Der Name entstand im Erzgebirge und findet seinen Niederschlag in dem
ON LÄSSIGHERD, dem Lebensraum der Familie Lessing in der Zeit um 1500.
Also LÄSSIG = LESSI(N)G. Die Erstsilbe entspringt aber nicht wie in der
"klassischen" Etymologie angenommen dem slaw, "les", sondern war in dem
im Erzgebirge gesprochenem Deutsch (Mundart) des 14 Jh. gebräuchlich
für den Begriff (im Sinne von) (Kirsch)kernbeisser.
Es besteht offensichtlich eine Verwandtschaft zum böhmischen "dles/dlas",
eine nachweislich traditionelle historische Verbindung zu Böhmen ist
nachweisbar.
Deshalb entstammen alle SUSEMIHLs mit Sicherheit demselben >
mecklenburgischen Ur-Vorfahren, wahrscheinlich dem
Gregor SUSEMIHL geb. ca.1505.
Sicher ist, DASS alle SUSEMIHLs miteinander verwandt sind!
WAU!!! Sehr mutig!
Ich würde mich nicht trauen eine solche Schlussfolgerung zu ziehen.
Meine Erfahrung ist eher die, dass selbst in einer Landschaft
unterschiedliche Namensentwicklungen abliefen.

Herzliche Grüße
Hendrik

Die Antwort von Peter Clemens findet ihr unter:
http://list.genealogy.net/mailman/archi ... 00203.html
Irmgard
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Susemil, Susemiehl

Beitrag von Irmgard »

mal ganz davon abgesehen, daß ich diese Unterhaltung schon kannte, weil ich mich gerne informiere .. :-) zeigt sie sehr schön, wes` Geistes Kinder sich unterhalten und es dürfte nachvollziehbar sein, wieso ich den Aufsatz von Dr. Clemens als Beispiel benutzte.

Irmgard
Gewöhnlich glaubt der Mensch, wenn er nur Worte hört, es müsse sich dabei doch auch was denken lassen.

Fam.-Nam.-Bildung und Wort-/Begriff-Erklärung sind zweierlei! Wort- bzw. Begriff-Erklärungen führen zur Personifizierung eines Fam.-Namens und sind unbewiesene Spekulationen! Tatsächlich sind Fam.-Namen Adressen (wie ihre adligen Vorbilder) nach regionalen Regeln gebildetet aus Orts-/Örtlichkeitsnamen =Herkunftsnamen, die sich manchmal fälschlich als Worte lesen!
Waldwolf

Re: Susemil, Susemiehl

Beitrag von Waldwolf »

Irmgard hat geschrieben: ... und es dürfte nachvollziehbar sein, wieso ich den Aufsatz von Dr. Clemens als Beispiel benutzte.

Irmgard
2:0 für Irmgard

Waldwolf :twisted:
Irmgard
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Re: Susemil, Susemiehl

Beitrag von Irmgard »

ach Wölfchen, wenn man mir aber auch so leichte Bälle zuspielt.. ;-)

aber ganz was anners:

ist denn von den Forschern noch keiner darauf gekommen, den Namen Susemil anders zu trennen?
sus- emil
Susch / Sus auch Süs ist ein Ort im Engadin bei Graubünden und bekanntlich ist Emil ein dort sehr beliebter Rufname.
Ist es tatsächlich abgeklärt, daß der erste kein Zugereister im 15./16.Jhd. war?

netten Gruß .. Irmagrd
ohjeh, nicht falsch verstehen.. will nicht mit den großen "Hunden" an einem abgenagten Knochen zerren.. ist nur ein Gedanke!
frei nach Emil Steinberger : "und wenns chat, für mich eine warme Suppe, bitte hä"

z. B. habe ich einen direkten Ahnen, der Anfang 15oo aus der Schweiz kam und dessen Name im Deutschen eine ganz andere Bedeutung erhielt.
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